Sinupret/Solvohexal

Bionorica stoppt Versandapotheken

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Berlin -

Bei der Einführung von Solvohexal hat Hexal nicht auf TV-Werbung und Printanzeigen gesetzt, sondern auch auf Präsenz im Internet. Zwei Versandapotheken sind offenbar über das Ziel hinausgeschossen und wurden jetzt vom Sinupret-Hersteller Bionorica abgemahnt. Das berichtet PHARMA ADHOC.

Solvohexal kam pünktlich zum Start der Erkältungssaison auf den Markt. Das Produkt ist in der Zusammensetzung mit dem älteren Sinupret forte vergleichbar, aber nur als traditionelles pflanzliches Arzneimittel registriert. Das Anwendungsgebiet zielt daher auf die „Unterstützung der Schleimlösung bei Erkältungen mit Schnupfen“ ab. Sinupret wird angewendet bei akuten und chronischen Entzündungen der Nasennebenhöhlen.

Entsprechend vorsichtig sein muss daher nicht nur der Hersteller, sondern auch die Apotheke beim Vergleich beider Produkte. Zwei Versandapotheken hatten offensiv für den Newcomer geworben: Bei der Shop-Apotheke waren beide Packungen abgebildet. Daneben hieß es: „Die günstigere Alternative! Testen Sie selbst! 35 Prozent sparen bei Solvohexal“.

Noch weiter auf die Spitze trieb es Apo-Rot: Wenn hier nach Sinupret gesucht wurde, ging ein Pop-up-Fenster auf, bei dem Solvohexal als preisgünstige Alternative mit gleicher Wirksamkeit empfohlen wurde.

Beide Werbemaßnahmen sah man bei Bionorica als unlauter und groben Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln. Der Hersteller aus Neumarkt erwirkte beim Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth eine einstweilige Verfügung gegen die beiden Versandapotheken.

In der Begründung führt das Gericht kurz aus, dass es sich schon wegen des unterschiedlichen Zulassungsstatus um grundverschiedene Produkte handele. Ähnlich hatte vor zwei Jahren das LG Ulm in einem Streit zwischen Hexal und Dr. Willmar Schwabe zur Vergleichbarkeit von Pelasya und Umckaloabo argumentiert.

Im Fall von Apo-Rot sei auch noch der Tatbestand der Mitbewerberbehinderung nach Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erfüllt: Mit dem Pop-up würden Interessenten gezielt auf das Produkt des Konkurrenten aufmerksam gemacht.

Apo-Rot hat die Werbung bereits eingestellt, nachdem Anfang der Woche die einstweilige Verfügung zugestellt wurde. Die Shop-Apotheke hat ihren Vergleich noch auf der Website, denn das Gerichtsdokument konnte bislang nicht zugestellt werden. Ob der Streit ins Hauptsacheverfahren geht, war nicht zu erfahren: Die beiden Versender wollten keine Stellungnahme abgeben.

In Neumarkt hat man nach eigenem Bekunden kein Interesse, Wettbewerber oder Handelspartner abzumahnen. „Wir behalten uns aber auch in Zukunft vor, gegen offensichtliche Falschinformationen vorzugehen“, sagt Dr. Rupert Weinzierl, Leiter der Rechtsabteilung bei Bionorica.

Für Bionorica steht viel auf dem Spiel: Zwar hat der Hersteller bereits seit 2012 mit Sinupret extract ein höher konzentriertes Nachfolgeprodukt zu Sinupret forte auf dem Markt, das mittlerweile mehr Umsatz macht und noch bis 2032 patentgeschützt ist. Doch das Familienunternehmen hat viel zu verlieren, denn Sinupret ist die mit Abstand wichtigste Marke: 65 Prozent des Umsatzes in Deutschland entfallen auf das Erkältungsmittel in den unterschiedlichen Stärken und Darreichungsformen.

In Holzkirchen ist Solvohexal auch die Nagelprobe für die künftige Ausrichtung der OTC-Strategie: Der Konzern will nach einigen Fehlschlägen in den vergangenen Jahren beweisen, dass man auch als Generikahersteller mit pflanzlichen Produkten erfolgreich sein und – analog zu Gingium oder ACC akut – eine eigene Marke aufbauen kann. Entsprechend herrscht Anspannung bis in die Chefetage.

Dabei muss der Konzern auch noch mit Fingerspitzengefühl vorgehen, denn Bionorica hat in den vergangenen Jahren ganze Arbeit geleistet und die Apothekenteams auf Sinupret eingeschworen. Wohl kein anderer Hersteller könnte es sich leisten, die Mitarbeiter am HV-Tisch öffentlich als „Botschafter“ seiner Produkte zu bezeichnen.

Nicht umsonst versucht Hexal daher, sein Produkt mit einer mehr in Richtung Schnupfen gehenden Indikation neben dem Original zu platzieren. Seit Oktober wird das Produkt in Printtiteln beworben, seit 28. November auch im Fernsehen. 470 Millionen Kontakte will der Generikakonzern über RTL, ProSieben, Sat.1 und Vox erreichen.

Auf eine ähnliche Reichweite zielt mit geplanten 450 Millionen Kontakten die TV-Kampagne von Bionorica ab. Ursprünglich sollte der Spot erst ab Januar ausgestrahlt werden. Weil jedoch die Erkältungswelle angerollt ist, wurde der Start um einen Monat vorgezogen: Seit Mitte Dezember wird Sinupret extract zunächst bei Sat.1 beworben; nach einer Pause zwischen den Feiertagen wird der Spot im neuen Jahr zusätzlich im ZDF ausgestrahlt. Bis März soll die Kampagne laufen.

Beide Hersteller setzen im Clip erkältete Verbraucher in Szene, denen das jeweilige Produkt von Bekannten empfohlen wird: Im humoristisch angehauchten Hexal-Spot nervt ein Mann seine Arbeitskollegen, weil er im Meeting seinen Schnupfen mit Hausmitteln wie Dampfbad, Zwiebel, Honig und Brustcreme behandelt. Bei Bionorica treffen zwei Frauen eine erkältete Bekannte auf der Straße – die Frage nach einem geeigneten Produkt wird gestisch mit gekreuzten Fingern beantwortet, die das charakteristische „X“ von Sinupret extract darstellen.

Bionorica kommt traditionell ohne Endverbraucherwerbung aus. Nur rund 12 Prozent der Erlöse wurden in der Vergangenheit in Werbung investiert. Nur hin und wieder tauchte Sinupret in der breiten Öffentlichkeit auf: Zuletzt hatte sich der Hersteller im Februar bei Bild und Bild.de eingebucht.

Im Fernsehen war Bionorica bislang nur einmal präsent: 2010 warb Felix Magath zwei Wochen lang für die „Vierer-Abwehrkette der Natur“. Firmenchef Professor Dr. Michael Popp verliert über die gemeinsame Aktion mit ProSieben.Sat1 nicht mehr allzu viele Worte: Einfach nur Marktanteile hinzuzukaufen, sei ineffizient. „Über die Wissenschaft haben wir zwangsläufig eine viel engere Verbindung zu Ärzten und Apothekern als direkt zu den Patienten.“ Ob sich die Vorzeichen jetzt geändert haben, ist noch ungewiss.

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