Porträt

Ein Apotheker als Backpulver-König

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Berlin -

Als der Apotheker Dr. August Oetker in den 90er-Jahren des 19. Jahrhunderts in seiner Rezeptur mit Backpulver experimentierte, war ihm das Ausmaß seiner Erfindungen noch nicht bewusst. Die Tütchen mit der Aufschrift „Dr. Oetker“ sollten ihn und seine Familie zu einer der bekanntesten und reichsten Deutschlands machen. Am 6. Januar jährt sich der Geburtstag von Oetker zum 150. Mal.

1862 wurde Oetker als Sohn eines Bäckers in Obernkirchen nahe dem ostwestfälischen Minden geboren. Nach seiner Apothekerlehre arbeitete er zunächst in mehreren Apotheken in ganz Deutschland, dann trat er in Berlin sein Pharmaziestudium an. Im Januar 1891 ging Oetker nach Bielefeld und übernahm die Aschoff'sche Apotheke.

In seiner eigenen Offizin werkelte Oetker zunächst an der Entwicklung von medizinischen Weinen und Fußcremes. Der wirtschaftliche Erfolg blieb aber aus. In seiner von ihm selbst als „meine Geheimbutze“ bezeichneten, vier Quadratmeter großen Rezeptur startete Oetker dann seine Backpulver-Versuche: Der Chemiker Justus Liebig hatte das Backpulver zwar schon Jahre zuvor erfunden. Man konnte es aber nicht längere Zeit lagern – und einen Beigeschmack hatte es auch.

 

Oetker experimentierte so lange, bis er im Jahr 1893 in Tütchen portioniertes Backpulver auf den Markt brachte. Seine Verkaufsstrategie: Er garantierte, genau die richtige Menge Triebmittel für ein Pfund Mehl zu liefern. Für die Qualität sollte der Name Dr. Oetker bürgen – eine der heute bekanntesten Marken Deutschlands war entstanden. Bis heute produziert der Konzern „Backin“ nach Oetkers Rezept. 1899 wurden schon zwei Millionen Tütchen des Pulvers hergestellt.

Im Mai 1900 bezog das gesamte Unternehmen die heutige Zentrale, die in mächtigen alten Backsteinbauten untergebracht ist. Ein Jahr später ließ sich Oetker das Patent für „Backin“ sichern. Neue Produkte wie Vanillin-Zucker, Speisestärke und das Puddingpulver wurden Anfang des neuen Jahrhunderts in der „Geheimbutze“ entwickelt. 1918 starb der Firmengründer mit nur 56 Jahren.

Danach gab es nur vier weitere Chefs bei Dr. Oetker, die allesamt zur Familie gehörten. Der Familienkonzern ist heutzutage viel mehr als Backpulver: 2010 stammte fast jeder zweite Euro des Konzernumsatzes von 9,5 Milliarden Euro aus dem Reedereigeschäft (Hamburg Süd). Zweitgrößte Sparte sind die Nahrungsmittel, die ein Viertel des Konzernumsatzes stellten. Drittgrößte Aktivität ist die Radeberger-Gruppe, der führende Bierhersteller Deutschlands. Dazu kommen Sekt, Wein und Spirituosen der Tochter Henkell, das Bankhaus Lampe und einige Luxushotels.

 

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