Der Berliner Amtsarzt Nicolai Savaskan hat für einen neuen Impfschub in der Pandemie eine bundesweite Zielmarke für Corona-Impfungen gefordert. Zur Motivation oder Belohnung sollten dann beim Erreichen dieses Ziels klar definierte Corona-Schutzmaßnahmen sofort fallen. Öffentliche Gängelungen von Ungeimpften seien nicht zielführend, sagte Savaskan mit Blick auf das Ende der kostenlosen Bürgertests ab diesem Montag. Nötig sei vielmehr eine Charme-Offensive.
„Ich schlage eine Impfquote ab 70 Prozent auf die Gesamtbevölkerung vor“, sagte der Amtsarzt und Epidemiologe, der das Gesundheitsamt im Berliner Bezirk Neukölln mit mehr als 300 000 Einwohnern leitet. Im Moment liegt die Quote der erfassten vollständig geimpften Bundesbürger bei rund 65 Prozent. Ein Impfzwang durch die Hintertür führe nur zu verstärktem Widerstand, meinte Savaskan. „Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem autoritäres Verhalten von Staat und Behörden keine messbaren Erfolge für das Impfen bringen.“
Viele Menschen seien nur noch genervt von ständig neuen Infos zu Schutzmaßnahmen, Impfstoffen und Freiheiten nur für Geimpfte, sagte Savaskan. Sie fühlten sich auch nicht ernst genommen mit ihren Sorgen. Gefragt sei deshalb nun vor allem Empathie: Zuhören, Aufklären und ein Aufsuchen der Bürger mit Test- und Impfangeboten, zum Beispiel in Vereinen. Komm-Strukturen wie Impfzentren seien ausgereizt, urteilte Savaskan.
Im Fokus für einen Impfschub sollten Menschen ab 16 Jahren stehen, sagte der Amtsarzt. Von Kindern und jüngeren Teenagern, die ein deutlich geringeres Erkrankungsrisiko haben, solle Impfen nicht generell verlangt werden. „Sie haben ihren Beitrag in der Pandemie zur Genüge bezahlt.“
Als Vorbilder für ein Zurückfahren von Corona-Maßnahmen nach erreichten Impfquoten nannte Savaskan Dänemark, England und die Niederlande. Was seiner Meinung nach in der kalten Jahreszeit aber zum Schutz aller bleiben muss, sind 3G-Regeln oder Masken in öffentlichen Innenräumen.
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