Kollegen berichten

Notdienst der besonderen Art

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Berlin -

Was viele nicht wissen: Der Notdienst ist für Notfälle da. Trotzdem kommen immer wieder Kunden nachts oder am Sonntagmorgen in die Apotheke und haben eher ausgefallene Wünsche. Kollegen berichten über ihre schönsten Erlebnisse. Hier geht es zum ersten Teil.

Eine 15-Jährige kommt im Notdienst mit ihrem „Freund“ und verlangt die Pille danach. Ich hole sie und verlange inklusive Notdienstgebühr 22,50 Euro. Darauf sie entsetzt: „Waaas?! Ist die SCHON WIEDER teurer geworden! Haste mal noch was Geld, Torben?“

Eine Dame legt ein gefälschtes Rezept über ein codeinhaltiges Mittel vor. Ihr Arzt habe ihr das im Vorbeigehen an der Tankstelle ausgestellt. Ich weise darauf hin, dass ich es nicht abgebe und die Polizei verständigen müsse. Die Dame geht schnell weg. Nach einer halben Stunde ruft sie an, mit angezeigter Festnetznummer, und bietet mir „eine unvergessliche Nacht“ an, wenn ich die Anzeige zurücknehme.

Ein Patient wollte im Notdienst zwei Liter reines Dimethylsulfoxid zur inneren Anwendung. Ich lehnte diese Forderung mit einem Hinweis auf die gesundheitlichen Folgen ab.

Ich gebe EllaOne an eine Frau nach einem kurzen Beratungsgespräch ab. Am Ende desselbigen fragt sie mich nach einem Date. Am besten sogar am morgigen Freitag, da hätte sie einen Babysitter. Ich lehnte freundlich ab mit dem Hinweis, dass ein solch privater Umgang mit seinen Patienten nicht statthaft sei.

Eine Kundin wollte im Notdienst Almased kaufen. Ich meinte, das sei doch etwas unverschämt. Sie meinte, ich solle mich nicht so anstellen, andere würden auch arbeiten.

Eine Patientin kam nachts mit einem Rezept über „Amoxicillin Augentropfen“. Ich habe in der Ambulanz angerufen und gesagt, dass es so etwas nicht gibt. Dann konnte ich mithören, wie die Krankenschwester rief: „Die Apotheke ist zu doof, das Rezept zu lesen.“ Schließlich hatte ich die Ärztin dran. Die hat dann eingeräumt, sich in der Zeile vertan zu haben.

Eine Frau ruft am Sonntagmorgen um 7 Uhr im Notdienst und fragt nach einem antibiotischen Saft.
Ich: Ja, sowas haben wir natürlich auf Lager. Bitte bringen Sie das Rezept mit.
Sie: Ich hab es bereits gestern eingelöst, aber die Flasche leider fallen lassen (Man hört die Kaffeemaschine im Hintergrund). Kann ich es nicht auch ohne Rezept bekommen?
Ich: Ohne Rezept ist das nicht möglich. Sie müssen vorher zum ärztlichen Bereitschaftsdienst.
Sie: Aber es ist doch Sonntag, ich möchte die Ärzte nicht unnötig stören.

Um Mitternacht rief eine Kundin an und verlangte nach laktosefreier Milch. Die müssten wir doch da haben. Hatten wir nicht.

Ich habe in einem Notdienst viermal mit der gleichen Patientin am Telefon erörtert, ob die EllaOne mit Heilerde eingenommen werden kann. Ich verwies auf einen Gynäkologen in der Universitätsklinik. Dieser verwies in der Nacht wiederum auf mich. Während der Wartezeiten rief die Frau mehrmals an, nur um das Präparat dann schlussendlich doch noch um 3 Uhr bei mir in der Apotheke (mit Leitungswasser ohne weitere Zusätze) einzunehmen.

Der ärztliche Bereitschaftsdienst wollte einmal ein NSAR im Notdienst geliefert bekommen, weil ein Patient nicht mehr genug Geld für das Taxi hatte, um zur Apotheke zu fahren.

Um 2:15 Uhr rief eine Ärztin auf Hausbesuch an, um mir mitzuteilen, dass ich doch bitte zu Frau XY in die Musterstraße einmal Perenterol 3 Kapseln (drei Kapseln ?!) und eine kleine, freiverkäufliche und bloß günstige Packung Pantoprazol liefern soll. Nachdem ich ihr versucht habe zu erklären, dass wir nachts nichts verschicken und ich hier sein müsse hat sie gesagt: „So schlimm ist es auch nicht. Dann muss Sie es sich morgen selber kaufen gehen.“

Eine Kundin benötigte ein Mittel zum Ohrenspülen. Das war ihr dann aber zu teuer. „Dann gehe ich lieber in den Notdienst in die Ambulanz“, war dann die Ansage.

Als die „Pille danach“ freigegeben wurde, haben zwei Mädels bis PUNKT 0:00 Uhr vor der Apotheke gewartet und dann geklingelt, eine Betroffene und weibliche Verstärkung. Die waren dann etwas überrascht, dass es die „Pille danach“ zwar ohne Rezept gab, aber eben dann doch eine Beratung mit Protokoll stattfand.

Paar kam nachts – er sagte, sie brauche Schmerztabletten. Ich hab alles fertig gemacht – war's zu teuer und man verschwand mit dem Satz „Komme morgen holen“. Raten Sie mal, wer nicht kam…

Babynahrung am Wochenende um halb 3 morgens. Wie kann ein normal denkender Homo sapiens in unserer Krieg-ich-überall-wann-ich-will-Gesellschaft es nicht auf die Reihe kriegen, den Nachwuchs übers Wochenende mit Nahrung zu versorgen.

Bei uns wollte mal einer alles an Baby-Flaschen und Saugern haben, was wir haben, um 23 Uhr an einem Samstag. Leicht angesäuert ging ich runter – wir hatten damals sowas im Sortiment – um dann zu erfahren, dass die wertvolle Jagdhündin eine Gesäugeentzündung hatte und die Welpen wohl kaum das Wochenende ohne zufüttern überlebt hätten... Für mich der dringendste Notfall in 25 Jahren Notdienst!

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