Betriebsprüfung

BMF: Apotheker müssen Daten liefern

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Berlin -

In absehbarer Zeit befasst sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit Betriebsprüfungen in Apotheken: Finanzbehörden und Steuerberater streiten über die Preisgabe der Einzeldaten aus der Warenwirtschaft. Der Fiskus erhebt Anspruch auf alle gespeicherten Informationen – ist sich seiner Sache aber offenbar nicht ganz so sicher. Rückendeckung gibt es von ganz oben. Das Bundesfinanzministerium (BMF) vertritt die Meinung, dass die Apotheken alle Verkaufsdaten abgeben müssen.

„Daten des Warenwirtschaftssystems einer Apotheke, soweit diese die Verkaufsdaten betreffen, sind steuerlich relevante Daten der Finanzbuchhaltung“, teilte das BMF auf Anfrage mit.

Für diese Daten bestehe laut Handelsgesetzbuch oder Umsatzsteuergesetz eine Aufzeichnungspflicht. „Sie sind somit aufzubewahren und unterfallen dem Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung“, so die klare Ansage aus dem Ressort von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Nach abweichenden Urteilen der Finanzgerichte waren die Finanzbehörden offenbar nervös geworden: So soll die Oberfinanzdirektion Münster (OFD) in Berlin um einen gesetzlichen Freibrief für die Betriebsprüfungen gebeten haben. Bei einer öffentlichen Veranstaltung hatte ein OFD-Vertreter laut Teilnehmern berichtet, man habe das BMF um eine Klarstellung gebeten.

Das Ministerium wollte dies auf Nachfrage nicht konkret bestätigen: Man befinde sich mit den Landesfinanzbehörden in einem ständigen Austausch zu steuerlichen Einzelfragen, hieß es. „Dies betrifft auch Fragen aus der Praxis der Betriebsprüfung. Zu Einzelheiten dieser internen Gespräche nimmt das BMF keine Stellung“, so das Ministerium.

Die Rechtslage ist aus Sicht des Ministeriums aber anscheinend eindeutig. Die gewünschte Klarstellung in der Abgabenordnung (AO) wird es seitens der Regierung nicht geben. „Derzeit sind hierzu keine Änderungen vorgesehen“, teilte das Ministerium mit.

Schäubles Haus stellte außerdem klar: „Für Apotheken gibt es keine Sonderregelungen, sondern es gelten die allgemeinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Außenprüfung.“

Jeder Steuerpflichtige habe Aufzeichnungen, Bücher und andere Unterlagen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, die zum Verständnis erforderlichen Auskünfte zu erteilen und den Datenzugriff zu ermöglichen. „Je nach Einzelfall können Daten bei einem Steuerpflichtigen von steuerlicher Bedeutung sein, bei einem anderen jedoch nicht. Deshalb kann es keine abschließende Festlegung allgemeiner Art geben“, so das BMF.

In der Rechtsprechung ist die Frage der Datenherausgabe alles andere als klar: Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hatte im Januar die Klage eines Apothekers abgewiesen, der sich gegen den Datenhunger des Finanzamtes zur Wehr gesetzt hatte. Der Apotheker hat Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt.

Das Hessische Finanzgericht dagegen hatte im April komplett anders entschieden und den Fiskus in die Schranken gewiesen: Die Anforderung sei „in Ermangelung einer die Datenanforderung stützenden gesetzlichen Grundlage rechtswidrig“, heißt es in der Begründung. Das Gericht hat keine Revision zum BFH zugelassen.

Gegen diese Entscheidung kann das beklagte Finanzamt Bensheim nur noch Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH einlegen. Dies ist bereits erfolgt, für die Begründung hatte die Behörde eine Fristverlängerung bis zum 8. August beantragt. Vermutlich wollte man die Entscheidung aus Sachsen-Anhalt abwarten, die dem Finanzamt natürlich in die Hände spielt.

In beiden Fällen vertritt der Steuerberater und Rechtsanwalt Dr. Bernhard Bellinger die Apotheker. Er geht zuversichtlich zum Bundesfinanzhof: „Das BMF und die untergeordneten Finanzbehörden begründen eine Aufzeichnungspflicht über eine allgemeine Formulierung in § 238 Handelsgesetzbuch. Die Abgabenordnung enthält jedoch in § 145 eine wortgleiche Passage, zu der der BFH schon 2006 festgestellt hat, dass sie keine Aufzeichnungspflicht enthält. Nach dem BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 (VIII R 80/06) muss eine Aufzeichnungspflicht immer konkret in einer Norm benannt sein“, so Bellinger.

Letztlich muss aber der BFH entscheiden, welche Daten die Apotheken herausgeben müssen.

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