Am Wochenende wurden die Mitarbeiter von Tönnies in Rheda-Wiedenbrück durch eine improvisierte Apotheke am behandlungszentrum auf dem Firmengelände versorgt, jetzt liefern ihnen die 13 Apotheken im Umkreis ihre Medikamente in die jeweilige Unterkunft.
Patienten des Tönnies-Behandlungszentrums, die unterschiedlich verteilt im gesamten Kreis Gütersloh wohnen, werden dezentral via Botendienst versorgt. In den 13 Städten und Gemeinden des Kreises übernimmt eine jeweils dort ansässige Apotheke den Botendienst.
„Damit stellen wir sicher, dass Covid-19-Patienten und deren Angehörige zu Hause mit ihren Arzneimitteln versorgt werden und keine Apotheke aufsuchen müssen“, erklärt Apothekerin Claudia Scherrer. „Damit werden auch der persönliche Kontakt und eine mögliche Infektion anderer Nicht-Corona-Patienten, welche ihre Apotheke vor Ort aufsuchen, verhindert. Außerdem dient dies zum Schutz der Mitarbeitenden in den Apotheken. So werden Infektionen und Corona-bedingte Apothekenschließungen vermieden. Auf diese Weise können wir die flächendeckende Versorgung rund um die Uhr aufrechterhalten.“
Zudem stellt laut Scherrer eine eigens entwickelte Versorgungsroutine sicher, dass auch der Apothekenbote sich möglichst nicht infiziert: Das Rezept wird an die jeweils zur Verfügung stehende Apotheke im Wohnort des Patienten versandt – Handynummer des Patienten inklusive. Der Bote stellt das Arzneimittel in einer Tüte vor die Haustür, entfernt sich von dieser und ruft den Patienten an. Nun hat der Patient oder ein Angehöriger drei Minuten Zeit, um die Arzneimittel in Empfang zu nehmen. Geschieht das nicht, nimmt der Bote die Lieferung wieder mit. „Natürlich ist der Bote mit Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln ausgestattet“, wie Scherrer erklärt. Im Behandlungszentrum wird das gesamte Verfahren den Patienten in ihrer Muttersprache per Dolmetscher erläutert.
Scherrer betont, dass dieses Verfahren ausschließlich für die Patienten aus dem Corona-Behandlungszentrum der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) auf dem Tönnies-Werksgelände vorgesehen ist. Alle anderen Patienten sollen wie gehabt ihre Apotheke vor Ort aufsuchen und bei Verdacht auf eine Corona-Infektion die Apotheke vorher kontaktieren.
„Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass Apothekerinnen und Apotheker in diesen Fällen kreative Lösungen für eine kontaktlose Abgabe der Arzneimittel finden: Von der Notdienstklappe über ein Treffen an der frischen Luft bis zum Botendienst, der gerade seit Beginn der Pandemie von immer mehr Patienten in Anspruch genommen wird.“ Scherrer weiter: „Die dezentrale Versorgung bietet Sicherheit und Infektionsschutz und hat sich im Apothekenwesen lange bewährt.“ Die Apothekerin kann sich einen kleinen Seitenhieb auf die Fleischindustrie nicht verkneifen und spekuliert ein wenig: „Hätten wir viele kleine dezentrale Schlachtbetriebe in den Händen von Selbstständigen und nicht wenige große in den Händen von Wenigen, hätten wir das aktuelle Problem wahrscheinlich nicht.“
Scherrer ist Kreisvertrauensapothekerin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe und hatte am Wochenende gemeinsam mit Susanne Gehring und Dr. Olaf Elsner die betroffenen Mitarbeiter auf dem Tönnies-Firmengelände in Rheda-Wiedenbrück mit den notwendigen Arzneimitteln versorgt.
APOTHEKE ADHOC Debatte