Ein E-Bike für 2500 Euro ist keine geringwertige Kleinigkeit. Für diese Erkenntnis hätte man den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht benötigt. Es war aber auch vertrackter: Wie viel wert ist die Aussicht auf ein E-Bike? Zu viel, entschieden die Luxemburger Richter und so verlor DocMorris mal wieder ein EuGH-Verfahren. Aber der niederländische Versender hat schon wieder ein Schlupfloch ausgemacht.
Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) will einer übermäßigen Beeinflussung der Verbraucher:innen vorbeugen. Und wenn wie hier ein Gewinnspiel an die Rezepteinlösung gekoppelt ist, dann geht das zu weit. Und der EuGH findet, dass das für ausländische Versandapotheken genauso gelten kann wie für jede Apotheke in Bielefeld oder Greifswald. Das ist nicht ganz präzise: Der EuGH findet, dass der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) das finden darf und gibt nur den Fingerzeig für die Rechtsprechung. DocMorris wird also formal in Karlsruhe verlieren, nicht in Luxemburg – geschenkt.
Das lässt eine DocMorris nicht auf sich sitzen: Immerhin hatte derselbe EuGH (mit bis zum heutigen Tag nicht sehr einleuchtender Begründung) noch 2016 entschieden, dass die Preisbindung ausländische Versender mehr einschränkt als Apotheken. Deshalb sind Rx-Boni zumindest europarechtlich zulässig. Deshalb stellt der juristisch verschlagene Versender jetzt wieder auf die Diskriminierungskarte: E-Bikes ja, aber was ist mit Hollandrädern? Das ist niederländisches Kulturgut!
Das nächste Gewinnspiel ist schon in der Mache. Und wozu könnte die im 2016er-Verfahren zu erfolgreich beschworene „Warenverkehrsfreiheit“ besser passen als auf ein zeitgemäßes Verkehrsmittel? Wie ließe sich die E-Rezept-Einführung (kommt, kommt irgendwann) marketingtechnisch besser begleiten als mit einem Gewinnspiel zu einem E-Hollandrad?
Und sollte die Apothekerkammer Nordrhein doch wieder klagen, hätte DocMorris immer noch ein Ass im Ärmel: Geprüft wird gerade, inwiefern das HWG berührt wäre, wenn das Gewinnspielrad komplett in 5 Euro Scheine verpackt wäre? Dann müsste es als Barrabatt doch eigentlich durchgehen… Aber das ist nur der Notfallplan, denn die Investoren machen vielleicht auch nicht jeden Quatsch mit. Die sind eh noch sauer wegen der Legoland-Testregion fürs E-Rezept und den ausgedachten Partner-Apotheken für den Marketplace.
DocMorris möchte ja gerne mit den Apotheken zusammenarbeiten. Aber warum sollten die das eigentlich tun? Dieser Frage bin ich zusammen mit Thomas Bellartz in unserem gemeinsamen Podcast NUR MAL SO ZUM WISSEN nachgegangen. Spoiler: Das Wort „Parasit“ fällt ungefähr so oft wie das Wort „Honorar“ in der Honorarfolge. Perfekter Soundtrack für die Joggingrunde am Wochenende: Sich aufregen und den Stress live wieder abbauen!
Aber abgesehen von dem Witz mit dem Hollandrad und der Podcast-Empfehlung befasst natürlich auch uns vor allem die schreckliche Hochwasser-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Eine inzwischen dreistellige Opferzahl, Schäden unvorstellbaren Ausmaßes. Die Apotheke von Jürgen Lutsch zum Beispiel ist nur noch Schrott, die Reste seines Botenautos wurden in anderthalb Kilometer Entfernung gefunden. Lothar Droste berichtet, was Apotheken jetzt tun können (und was sie hoffentlich im Vorfeld getan haben). Aber in all dem Leid gibt es auch immer wieder Lichtblicke: Solidarität, kollegialen Zusammenhalt, Spendenaktionen. Auch darüber lohnt es sich zu berichten!
Eine kleine positive Meldung für Apotheken: Für die Impfstoffverteilung gibt es jetzt einen Euro mehr. Und die Regeln für die Abgabe werden gelockert. Apotheken dürfen umverteilen, „unbekannte“ Ärzt:innen und sogar Impfzentren beliefern. Neue Dokumentationspflichten kommen bei Letzterem glücklicherweise nicht auf die Teams zu.
Ärgerlich ist dagegen, dass die sorgsam geführten Strichlisten für die ausgestellten Zertifikate anders als zunächst versprochen jetzt doch wertlos sein sollen. Ein Tipp für die Praxis: Bei der Ausstellung der Zertifikate müssen Sie auf die Reihenfolge von Erstimpfung und Infektion achten. Dass man für ein Bürgertest nicht 20 Euro vom Bürger zusätzlich verlangen darf, wussten Sie wahrscheinlich schon – dieser Kollege weiß es jetzt auch.
Die Apobank war in Sachen Digitalisierung etwas übereifrig: Es ist ja gut, wenn wichtige Dokumente auch als Datei vorliegen, aber das Original sollte man trotzdem besser nicht vernichten. Nicht mal Strichlisten.
Eine alte Geschichte wiederholt sich gerade: Schon wieder gibt es Rückrufe zu Sartanen. Die Verunreinigung betrifft diesmal AZBT, wie sich in der Schweiz gezeigt hat. Eine weitere beunruhigende Meldung aus der Pharmazie-Redaktion: In Zusammenhang mit der Vergabe des Corona-Impfstoffs von J&J sind Nervenerkrankungen als sehr seltene Nebenwirkungen aufgetreten. Die FDA hat einen Hinweis dazu formuliert.
Sollten Sie sich für das Wochenende vorgenommen haben, eine Stellenanzeige für eine oder einen PTA aufzugeben, sollten sie unbedingt den Wettbewerb im Blick behalten. Denn wie dieser Fall zeigt, reichen manchmal nicht einmal 5000 Euro als Kopfprämie aus. Der Fachkräftemangel macht‘s möglich. Trotzdem: Schönes Wochenende!
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