ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Neueinführung: Das Doci-Talki Alexander Müller, 03.08.2019 08:00 Uhr

Berlin - 

Nicht da, Engpass, nicht verfügbar, kommt bald wieder. Nummer 5 wäre zu haben, ist aber zu teuer. Also: Anruf in der Arztpraxis. PTA Susi kann durchs Telefon spüren, wie die Sprechstundenhilfe auf der anderen Seite der Leitung mit den Augen rollt. Freigabe gönnerhaft erteilt, Patient versorgt, der nächste bitte. Damit dieses Elend ein Ende hat, hat die Firma frameContract ein geniales Gerät erfunden: das Doci-Talki.

Der Hersteller wirbt damit, dass sich die meisten Probleme bei der Umsetzung des neuen Rahmenvertrags quasi per Knopfdruck lösen lassen. Direkte Kommunikation mit dem Arzt, damit jede Unklarheit schnell und unkompliziert aus der Welt geschafft werden kann. Einmal angefunkt, schon die Freigabe für das immerhin 2 Cent teurere Ausweichpräparat. Ein Traum!

Das Starterpaket besteht aus nur zwei Geräten – für den Apotheker und den Hausarzt um die Ecke. Für viele Inhaber dürfte sich aber das „Vollversorgerpaket“ lohnen, mit 1+5 Endgeräten, um mit allen relevanten Praxen im Umkreis rund um die Uhr Kontakt aufnehmen zu können. Praktisch: Die Ärzte lassen sich auf dem Gerät der Apotheke als einzelne Kanäle abspeichern, so dass über einen Tastendruck gleich der richtige Doc erreicht wird. Die Kosten übernimmt planungsgemäß die Apotheke, das hat sich so eingespielt zwischen den Berufsgruppen.

Kann sich aber schnell lohnen, denn sogar Retaxationen lassen sich über das Doci-Talki bannen, versprechen die Macher von frameContract. Denn das „Go“ des Arztes wird abgespeichert. Der Apotheker muss sein Gerät nur abends einmal am PC auslesen und alle Änderungen auf der Verordnung können automatisch in die EDV übernommen.

Geheimtipp: Arzt und Apotheker müssen nicht einmal miteinander reden: Wenn der Arzt vom Apotheker angefunkt eine vorher abgespeicherte Tasten Kombination drückt, gilt die Bewilligung als erteilt. Das wird zwar von den Machern nicht offiziell empfohlen, aber wo keine Klägerkasse, da kein Richter. Also, viel Spaß damit. Nur eins kann das Doci-Talki leider nicht: Arzneimittel besorgen, die nicht lieferfähig sind. Tipps dazu in der aktuellen Podcast-Episode WIRKSTOFF.A.

Lieferengpass und Rahmenvertrag – eine perfekte Mischung. Vor allem, wen die Praxis so toll mitspielt wie bei diesem Neurologen aus Dortmund. Nachdem Apotheker Michael Mantell die Patientin mühevoll über die Doppeleinnahme beziehungsweise Teilung ihrer angepassten (da verfügbaren) Dosierung instruiert hatte, benötigte er nur noch ein neues Rezept. Doch die reizende Praxis zeigte sich außerstande, 80 Cent für eine Briefmarke aufzuwenden.

Der Apotheker schickte die Münzen auf ein Blatt Papier geklebt. Ob dem Arzt das zumindest für einen Moment unangenehm war? Vielleicht hat er sich auch gefreut, dass sein Berufsstand noch nicht so weit ist, sich von den Kassen allen möglichen Quatsch diktieren zu lassen und am Ende aus eigener Tasche zu zahlen, um die boykottierte Versorgung aufrecht zu erhalten.

Die Standesvertretung der Ärzte hat nach einem Monat Rahmenvertrag wahrgenommen, dass es an der Basis zu Friktionen kommt: In einem Schreiben an die Praxen gibt die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen Tipps, wie man „die lästigen Anrufe aus der Apotheke vermeiden“ kann. Praktisch, nicht wahr? Die Antwort lautet übrigens: Wirkstoffverordnung – und im Zweifel auch ein an der Versorgung interessiertes Praxisteam. Denn die Probleme werden bleiben: Die Lieferengpässe haben es sogar schon in die Tagesschau geschafft.

Als ob die Apotheker mit bockigen Praxen und retaxierenden Kassen nicht schon genug Ärger und Aufwand hätten, müssen sie sich auch schon wieder mit Heerscharen von Testkäufern herumschlagen. Wenn der falsche Patient auf diese Weise verdächtig hustet, ist er von der Kammer, wenn Sie einer Kooperation angehören, könnte er aber auch von n-tv sein.

Für die Bühler-Petition zum Rx-Versandverbot kämpfen einige Kollegen wie diese Apothekerin von der Küste immer noch mit voller Leidenschaft. Und während die Noweda voller Unterstützung für das Projekt ist, unterstützt die Apotheken Umschau die Bundesregierung. Zumindest indirekt: Sie nimmt ihr Geld für eine schwarzrotgoldene Werbung in der aktuellen Ausgabe. Normaler Vorgang oder Regierungspropaganda im Zeichen des roten A? Entscheiden Sie das bitte für sich selbst.

Ihre Stimme abgegeben haben dagegen mehr als 500 Apotheker und PTA zum Thema Cannabis. Wie läuft die Versorgung, wo gibt es Schwierigkeiten? Ein Ergebnis der großen aposcope-Studie: Es mangelt an Information und Kommunikation. Dieser Kollege meint, Patienten deswegen wegzuschicken, das geht gar nicht. Ich schicke Sie jetzt trotzdem weg: Schönes Wochenende!