Präventionsgesetz

Opposition moniert gesundheitliche Ungleichheit

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Berlin -

Die Oppositionsparteien sind mit dem Entwurf zum Präventionsgesetz unzufrieden und fordern mehr Maßnahmen und Geld für sozial Benachteiligte. Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke brachten entsprechende Anträge in den Gesundheitsausschuss ein. Das Gesetz soll dafür sorgen, Risikofaktoren wie mangelnde Bewegung, unausgewogene Ernährung, Rauchen, übermäßigen Alkoholkonsum oder Stressbelastungen zu reduzieren.

Geringe Bildung sowie niedriges Einkommen, schlechte Wohnverhältnisse und fehlende soziale Teilhabe wirkten sich negativ auf die Gesundheit aus, schreiben die beiden Fraktionen. Wer weniger habe, sterbe früher: In Deutschland sterben ärmere Männer laut den Grünen 10,8 Jahre früher als Wohlhabende; bei Frauen beträgt der Unterschied 8,4 Jahre. Schwere Erkrankungen zeigten sich in der oberen Einkommensgruppe rund vier Jahre später.

Deshalb müsse Gesundheitsförderung darauf abzielen, die Kompetenzen, das Selbstwertgefühl und die Selbstachtsamkeit zu steigern. Der Bundesregierung gelinge es im Gesetzentwurf nicht, die Weichen für diesen grundlegenden Ansatz zu stellen. „Mit der beliebigen Verwendung der unterschiedlichen Präventionsarten und der Vermengung der Begrifflichkeiten trägt sie zur Verwirrung bei“, so die Grünen.

Gesundheitsförderung müsse Aufgabe aller Politikbereiche sein: „Was wir brauchen, sind langfristige Maßnahmen zur Verbesserung der Alltagswelten wie Kita, Schule, Unternehmen, Senioreneinrichtung oder Stadtteil“, so die Grünen. Der bisherigen Marketing-gesteuerten „Projektitis“ von Krankenkassen müsse ein Ende gesetzt werden.

Vor allem müsse die betriebliche Gesundheitsförderung in kleinen Firmen verbessert werden. Arbeitsbelastung und Stress müssten reduziert werden, schreibt die Linke. Gesundheitsbelastungen ergäben sich aber auch durch Lärm und Verkehr. Die Fraktion fordert zudem, die sozial-, geschlechts-, behinderungs- und migrationsbedingten Unterschiede in den Gesundheitschancen zu verringern.

Eine gesundheitsförderliche Politik müsse darauf zielen, die Ursachen sozialer Ungleichheit und Armut zu beseitigen. Zudem sollten alle Gesetzentwürfe daraufhin geprüft werden, welche Auswirkungen sie auf die sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen haben. Außerdem müsste eine funktionsfähige, flächendeckende und barrierefreie Infrastruktur geschaffen werden.

Die Oppositionsparteien sprachen sich dafür aus, die Forschung auf dem Gebiet der Prävention gezielt auszubauen und regelmäßige Fortschrittsberichte vorzulegen. Die Linke fordert eine neue Koordinierungs- und Entscheidungsstelle, die organisatorisch an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) angebunden wäre. In einen neuen Fonds zur nichtmedizinischen Primärprävention würden in den nächsten vier Jahren jeweils eine Milliarde Euro eingezahlt werden. Dabei könnten auch Industriezweige an der Finanzierung beteiligt werden, die beträchtliche Gesundheitsrisiken hervorriefen. Die Arbeitgeber müssten an den Kosten für die betriebliche Gesundheitsförderung verpflichtend beteiligt werden.

Laut den Grünen solle die BZgA zu einem Nationalen Kompetenzzentrum für Qualität und Qualitätssicherung für die Gesundheitsförderung ausgebaut werden. Das Finanzvolumen solle über die von der Bundesregierung geplante Erhöhung bis 2020 um weitere 40 Prozent erhöht werden – ausschließlich für die Alltagswelten. Für die Kassen wäre das ein Anstieg von sieben auf zehn Euro pro Versichertem und Jahr.

Gesundheits-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) sagte, es gehe darum, die Prävention in den Lebenswelten der Menschen zu verankern. Das Gesetz zielt zudem konkret darauf ab, den Impfstatus der Bevölkerung zu verbessern, unter anderem durch eine verpflichtende Impfberatung, bevor Eltern ihre Kinder in eine Kita geben.

Die Leistungen der Krankenkassen zur Prävention und Gesundheitsförderung werden ab 2016 mehr als verdoppelt. Zusammen mit dem Beitrag der Pflegekassen stehen künftig rund 511 Millionen Euro im Jahr für präventive und gesundheitsfördernde Leistungen bereit. Im Rahmen einer Nationalen Präventionskonferenz sollen sich die Sozialversicherungsträger unter Beteiligung des Bundes, der Länder, Kommunen und Sozialpartner auf ein Vorgehen verständigen.

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