E-Health-Gesetz

Kassen wollen bei E-Health mitreden

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Berlin -

Die Krankenkassen fordern mehr Mitsprache bei der Umsetzung des E-Health-Gesetzes. „Eigentlich müsste bei dem ganzen Projekt gelten: Die Kassen, und damit die Beitragszahler, sind diejenigen, die bezahlen, also sind sie auch diejenigen, die bestimmen“, sagte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer. „Das ist aber weder nach der bisherigen noch nach der neuen Gesetzeslage der Fall.“ Die Opposition sieht vor allem beim Datenschutz Nachbesserungsbedarf.

Pfeiffer kritisierte, durch die zeitlichen Vorgaben würden die Kassen noch zusätzlich unter Druck gesetzt. Die „herzliche Bitte“ der Kassen wäre, diese Fristen sowohl mit den derzeitigen technischen Möglichkeiten der Industrie als auch mit den zeitaufwendigen Sicherheitsüberprüfungen durch die Datenschützer abzugleichen.

Die Industrie könne zurzeit beispielsweise an einigen Punkten noch nicht für die Lieferung der zugesagten Produkte garantieren. „Die Lieferungen sind noch nicht so, dass wir sagen könnten, das klappt alles wunderbar.“ Wenn aber die Industrie für die anstehenden Erprobungsphasen nicht pünktlich liefere, „werden wir durch das Gesetz auch noch finanziell bestraft, wo die Kassen doch ohnehin die ganze Chose zahlen müssen. Sanktionen müssen den Verursacher treffen, und das sind die Kassen beileibe nicht.“

Grundsätzlich begrüßte Pfeiffer das Gesetz jedoch: „Wir sind ja sehr froh, dass die Bundesregierung mit dem Gesetz nochmal ein Signal setzt: Wir wollen dieses hoch sichere Netz und wir wollen es möglichst schnell.“ Das digitale Netz sei unter anderem auch eine wichtige Voraussetzung für eine bessere, sektorübergreifende Qualitätssicherung. „Es wird Zeit, dass auch das Gesundheitswesen kommunikativ im 21. Jahrhundert ankommt.“

Für AOK-Chef Jürgen Graalmann ist es unverständlich, „dass Ärzte noch zusätzliches Geld fürs E-Mail-Lesen und -Versenden kassieren sollen – nachdem ihre Funktionäre Jahre lang auf der Bremse standen“. Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums entgegnete auf die Kritik der Kassen, der Kassenverband habe bereits die Hälfte der Gematik-Anteile. Der Sachverstand etwa der Ärzte sei auch unverzichtbar.

Kathrin Vogler, Arzneimittelexpertin der Linken, kritisiert, die elektronische Gesundheitskarte (eGK) verschlinge Milliarden Euro und gefährde höchst sensible Daten der Versicherten. Aus Sicht von Vogler will die Bundesregierung den Widerstand der Ärzteschaft gegen die eGK mit finanziellen Anreizen brechen. Wer Arztbriefe elektronisch verschicke, bekomme extra Geld.

„Umgekehrt drohen der Ärzteschaft und den Krankenkassen hohe Strafen, wenn es bei weiteren Ausbaustufen der Gesundheits-Telematik zu Verzögerungen kommt“, so Vogler. Zudem sollten Patienten pro Arztbesuch fünf Euro Strafe zahlen, wenn sie statt der eGK einen Versicherungsnachweis auf Papier vorlegen.

Vogler warnt, dass eine Infrastruktur geschaffen werde, an die auch kommerzielle Anbieter andocken sollten. Das könnten Versicherungsunternehmen sein, aber auch die Pharmaindustrie. Die Linke fordere daher weiter den Stopp der eGK.

Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, hält das E-Health-Gesetz allenfalls für einen „von den gesetzlich Versicherten bezahlten Turbo für Geschäftemacher“. Konkrete Ideen, wie Patienten die Hoheit über die sie betreffenden Gesundheitsdaten bekommen könnten, enthalte der Gesetzentwurf jedenfalls keine. „Im Übrigen greift die Bundesregierung für ein Prestigeprojekt schon wieder in die scheinbar vollen Kassen der gesetzlichen Beitragszahler“, kritisiert Klein-Schmeink.

Dabei wolle die Koalition offenbar die Standards für die Übermittlung hochsensibler Daten absenken. „Anstelle des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sollen Krankenhäuser und Ärzte allein über nötige Sicherheitsmaßnahmen entscheiden“, moniert die Grüne-Politikerin. Doch dies sei nicht die versprochene sichere Datenübertragung.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßt, dass die verschiedenen Netze der Telematik-Infrastruktur laut dem Gesetz gekoppelt werden. Allerdings sollten aus Sicht der KBV die Krankenkassen anstatt der niedergelassenen Ärzte die Versichertenstammdaten aktualisieren. Der Gesetzgeber habe hier eine „Chance verpasst“.

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