Krankenhauspharmazie

Klinikapotheker gegen Stress-Diabetes

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Berlin -

Mehr Apotheker auf Station – das wird auch in deutschen Kliniken oft gefordert. Dass die Einbindung von Krankenhausapothekern sinnvoll ist, zeigen vor allem Erfahrungen aus den USA. In einer Untersuchung wurde jetzt der Einfluss der pharmazeutischen Betreuung auf das Blutzuckermanagement von Patienten getestet. Pro Patient konnten dabei Ausgaben von knapp 300 US-Dollar pro Monat eingespart werden.

Vielen Patienten reagieren auf den Stress, der mit der Einweisung ins Krankenhaus verbunden ist, mit Hyperglykämie. Oft können sie nicht operiert werden, zu groß ist das Risiko für Nekrosen. Nach Operationen können schwankende Blutzuckerspiegel zu schlechter Wundheilung führen, Infektionen begünstigen und die Thrombosegefahr steigern. Das führt zu Wiedereinweisungen ins Krankenhaus und verursacht hohe Kosten.

Problematisch sind dabei weniger die Diabetiker, die meist gut mit der eigenen Blutzuckerkontrolle zurechtkommen. Gefährlicher – und zumindest im Krankenhaus für deutlich mehr Todesfälle verantwortlich – sind Blutzuckerspitzen von Patienten, die nur unter Anspannung, zum Beispiel vor Operationen, die Symptome entwickeln. Auch nach dem Eingriff gibt es oft Probleme, den aus der Reihe tanzenden Blutzuckerspiegel wieder unter Kontrolle zu bringen.

Das Problem haben die Verantwortlichen im Kaiser Permanente Sunnyside Medical Center in Portland erkannt. Die Klinik startete ein spezielles Kontrollprogramm für Patienten mit stressinduzierter Hyperglykämie. Dabei kümmern sich zwei Apotheker speziell um die Blutzuckerkontrolle der Patienten vor und nach Operationen.

Die Apotheker führen nach der Aufnahme Eingangsgespräche, um über die Bedeutung und das praktische Monitoring der Blutzuckerkontrolle aufzuklären. Außerdem sind sie verantwortlich für die Erfassung und Interpretation der Laborwerte, für kontinuierliche Absprachen mit Ärzten, Pflegepersonal, Diabetes-Assistenten und Ernährungsberatern und die Aufstellung eines Ernährungs- und Therapieplans für die Zeit nach der Entlassung.

Zehn Stunden pro Tag und an sieben Tagen pro Woche kümmern sich die Apotheker um die Risikopatienten. Für eine erfolgreiche Implementierung des Programms habe sich die gute Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Fachleuten als essentiell erwiesen, so das Krankenhaus. Nach einer sechsmonatigen Implementierungsphase seinen die Apotheker vollständig in die Abläufe integriert gewesen.

Um den Nutzen der Betreuung konkret zu messen, wurde das Programm zunächst unter Studienbedingungen geprüft. Eingeschlossen wurden alle Patienten, die in einer Voruntersuchung einen zu hohen Blutzuckerspiegel aufwiesen. 1200 Teilnehmer fungierten dabei als Vergleichsgruppe: Sie wurden in der Phase kurz vor und nach einer Operation lediglich beobachtet. Anschließend wurden über zwei Jahre gut 10.000 weitere Patienten in das Programm aufgenommen und durch die Apotheker betreut.

Die pharmazeutische Expertise zahlte sich aus: Die Patienten, die mit apothekerlicher Beratung in die Operation und anschließende Reha gingen, zeigten im Vergleich zur nicht betreuten Gruppe deutliche Verbesserungen für alle untersuchten Parameter: Die Anzahl der Patienten mit gut kontrollierten Blutzuckerwerten stieg um mehr als das Doppelte an. Zusätzlich konnte bei den betreuten Patienten das Risiko einer gefährlichen Hypoglykämie in den Tagen nach der Operation um 69 Prozent gesenkt werden.

Auch nach Entlassung aus dem Krankenhaus zeigten sich positive Effekte der apothekerlichen Intervention: Die Wiedereinweisungen ins Krankenhaus oder notfallmäßigen Eingriffe aufgrund von schlechter Blutzuckerkontrolle innerhalb von 90 Tagen waren um fast ein Drittel niedriger, wenn die Patienten zuvor betreut worden waren – ein Zeichen dafür, dass die Patienten sich auch nach der Entlassung mit dem Empfehlungen der Apotheker auseinandergesetzt hätten, so die Studienleiter.

Neben den medizinischen Effekten zahlte sich die Einbindung der Apotheker auch wirtschaftlich aus: Insgesamt konnten nach Angaben des Krankenhauses durch die Intervention jeden Monat Kosten von knapp 300 Dollar pro Patient eingespart werden. Für den Zeitraum von sechs Monaten ergibt dies für die 10.000 eingeschlossenen Patienten gesparte Kosten für das Gesundheitssystem von mehr als 17 Millionen Dollar.

 

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