Pharmakonzerne

Sanofi: Abschied vom Insulin-Inhaler

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Berlin -

Die Tage für inhalierbares Insulin sind gezählt. Neun Jahre, nachdem US-Konzern Pfizer die Zulassung für Exubera zurückgegeben hatte, wirft nun auch Sanofi die Flinte ins Korn. Sein Präparat Afrezza war nur wenig länger als ein Jahr auf dem US-Markt erhältlich. Einen Zulassungsantrag bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) wird es demnach nicht mehr geben.

Exubera war bei Pfizer deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben: Innerhalb von nur wenigen Monaten hatte sich die Hoffnungen des weltgrößten Pharmakonzerns auf einen neuen Blockbuster zerschlagen. Allzu gering war das Interesse von Ärzten, Kassen und Patienten.

Dennoch nahm Sanofi 2014 einen neuen Anlauf. Der Konzern war bereits an mehreren Projekten in Sachen inhalierbares Insulin beteiligt; die Franzosen hatten auch Exubera 2006 für 1,3 Milliarden US-Dollar an Pfizer verkauft. Im August 2014 hatte sich der französische Pharmakonzern schließlich die weltweiten Vertriebsrechte für Afrezza gesichert.

Entwickelt vom US-Biotechunternehmen Mannkind, wird das pulverförmige, schnell wirksame Humaninsulin vor der Nahrungsaufnahme inhaliert. Nach Resorption in der Lunge werden nach 12 bis 15 Minuten maximale Plasmaspiegel erreicht, nach 180 Minuten ist die Wirkung vorbei.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte das Präparat in Kombination mit einem langwirksamen Insulin bei Typ-1-Diabetikern zugelassen. Wie bei Exubera gibt es Anwendungseinschränkungen: Der Einsatz bei Rauchern wird nicht empfohlen, für Patienten mit eingeschränkter Lungenfunktion ist der Inhaler kontraindiziert. Außerdem müssen vor Beginn der Behandlung eine umfassende Anamnese erhoben sowie Lungenfunktionstests durchgeführt werden.

Sanofi hatte sich die Rechte viel Geld kosten lassen: 150 Millionen US-Dollar wurden sofort fällig, bis zu 775 Millionen Dollar sollte der französische Pharmakonzern bei Erreichen bestimmter Meilensteine und Umsatzschwellen überweisen. Mannkind war in Danbury, Conneticut, weiterhin für die Produktion verantwortlich und sollte 35 Prozent der Erträge erhalten. Über einen Markteintritt in Europa war im vergangenen Jahr zumindest nachgedacht worden. Daraus wird nun nichts: In den USA hat Sanofi mit dem inhalierbaren Insulin in den ersten neun Monaten 2015 gerade einmal 5,4 Millionen Dollar erwirtschaftet.

Auch Pfizer war sein Exubera-Deal mit der Entwicklungsfirma Nektar teuer zu stehen gekommen. Nach Medienberichten standen Kosten von 2,8 Milliarden Dollar Erlöse von gerade 12 Millionen Dollar gegenüber. Wegen des unklaren Nutzens hatten nicht nur Gremien wie der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), sondern auch Kassen, Ärzte und Patienten dem Präparat hierzulande eine Absage erteilt.

Auch andere Hersteller haben sich bereits an inhalierbarem Insulin versucht, die Entwicklung jedoch größtenteils abgebrochen. 2008 stiegen innerhalb weniger Monate NovoNordisk und Eli Lilly aus. Lediglich die Biotechfirma Generex vermarktet in Indien, Afrika und Asien noch einen Insulin-Inhalator.

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