OTC-Hersteller

Boehringer/Sanofi: Die Verträge sind da

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Berlin -

Mucosolvan, Dulcolax und Thomapyrin werden ab dem kommenden Jahr nicht mehr in Ingelheim, sondern in Frankfurt betreut. Sanofi ist bei der Übernahme der OTC-Sparte von Boehringer auf der Zielgeraden. Das Team soll weitgehend dasselbe bleiben, in dieser Woche wurden die Arbeitsverträge verteilt. Das berichtet PHARMA ADHOC.

Sanofi übernimmt die OTC-Sparte von Boehringer und siedelt die Zentrale am Standort in Frankfurt/Höchst an. Ab 1. Januar soll das Team laut Bericht am neuen Schreibtisch arbeiten. Sanofi will laut Bericht möglichst viele Boehringer-Mitarbeiter übernehmen; angeblich ist in den Verträgen eine Klausel enthalten, die den Unternehmenswert auch von den Köpfen abhängig macht.

Noch will sich der Konzern nicht zum Personaltableau äußern; es gilt aber als wahrscheinlich, dass das deutsche Team um OTC-Chefin Patricia Alison Hartley, Vertriebsleiter Jean Bouvain und Marketingleiter Dr. Thomas Went zum großen Teil dabei bleiben wird. Die ersten Gesprächsrunden mit den jeweiligen Verantwortlichen bei Boehringer und Sanofi sind dem Vernehmen nach bereits abgeschlossen.

Vier Wochen haben die Mitarbeiter Zeit, Aufhebungs- beziehungsweise Übergangsvertrag zu studieren und zu unterzeichnen. Das Dokument ist komplex, denn als Familienunternehmen gewährt Boehringer seinen Angestellten bestimmte Sozialleistungen wie eine Betriebsrente, die sonst in der Branche kaum noch zu finden sind.

Spannend wird die Frage, ob auch das globale Geschäft in Frankfurt angesiedelt sein wird oder am Konzernsitz in Paris. Bislang hatte das Deutschlandteam in Ingelheim vergleichsweise wenig Freiheiten bei der Ausrichtung der Marken, da Boehringer sein Sortiment traditionell schlank gehalten und auf internationale Megabrands gesetzt hatte: Buscopan, Dulcolax, Mucosolvan sowie die in Deutschland weniger verbreiteten Marken Pharmaton, Bisolvon und Mucoangin machen zusammen 59 Prozent der weltweiten OTC-Erlöse von 1,5 Milliarden Euro aus.

Da das OTC-Geschäft des französischen Konzerns in Deutschland bislang überschaubar ist, hatte Sanofi von vornherein klar gemacht, dass das Boehringer-Team im Lead bleiben sollte. Die Mitarbeiter in Ingelheim machten einen guten Job; man habe nicht vor, dies zu stören, sagte Vincent Warnery, Senior Vice President Global Consumer Health Care Division bei Sanofi, beim Jahreskongress des europäischen OTC-Verbands AESGP Anfang Juni in Athen.

Warnery sprach von einer „inversen Integration“: Übernahmen drohten zu scheitern, wenn man die Mitarbeiter und die kulturellen Besonderheiten nicht berücksichtige und schütze. Oft arbeiteten die Teams vor Ort schneller und effizienter, wen man ihnen keine Konzernregeln überstülpe. „Wir sind nicht besessen von globalen Marken.“

Deutschland soll nach den ursprünglichen Angaben ein „Kernzentrum“ für die Consumer-Sparte von Sanofi werden. Aus diesem Grund stand schon früh fest, dass die Verwaltung im Rhein/Main-Gebiet verbleiben und nicht nach Berlin umziehen würde. Der Standort auf dem ehemaligen Hoechst-Gelände ist so gesehen keine Überraschung.

Ende vergangenen Jahres hatten Sanofi und Boehringer den Deal verkündet und die Verhandlungen über die Details begonnen. Der französische Konzern gibt seine Veterinärsparte Merial ab und bekommt im Gegenzug das OTC-Geschäft von Boehringer. Merial wird mit 11,4 Milliarden Euro bewertet, Thomae mit 6,7 Milliarden Euro. Die Differenz von 4,7 Milliarden Euro zahlt Boehringer in bar – was wiederum die Kriegskasse von Sanofi für weitere Zukäufe füllt.

Für Boehringer kommt der Deal dem Verkauf von Tafelsilber gleich: Die Versuchung, den Wachstumsbereich Tiergesundheit auszubauen, muss riesig gewesen sein, dass dafür die ebenso traditionsreiche wie ertragsstarke Selbstmedikation geopfert wurde. Der Konzern steigt mit Merial zum zweitgrößten Anbieter für Tiergesundheit auf, nach der von Pfizer abgespaltenen Firma Zoetis und vor Elanco (Lilly) und Intervet (Merck). Sanofi wird mit einem Anteil von 4,3 Prozent die neue Nummer 3 im weltweiten OTC-Markt hinter Bayer und GlaxoSmithKline/Novartis und vor Johnson & Johnson, Pfizer und Reckitt Benckiser. Der ehemalige Bayer-Manager Alan Main ist seit dem 1. Oktober neuer Vice President Consumer Health Care.

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