Reimporte

IKK retaxiert trotz Preisvorteil

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Berlin -

Eigentlich hatte er alles richtig gemacht: Weil er wusste, dass der Listenpreis bei Reimporten in die Irre führen kann, entschied sich Apotheker Michael Mantell aus Dortmund nach Vergleich der Nettokosten für die Abgabe des Originals. Trotzdem wurde er von der Kasse retaxiert. Obwohl der Einspruch anerkannt wurde, wiederholte sich der Fall.

Reimporte müssen preiswerter sein als das Original, sonst sind sie unwirtschaftlich und dürfen nicht abgegeben werden. Doch seit dem GKV-Änderungsgesetz reicht der Blick auf den Listenpreis nicht mehr: Einerseits werden für neue Originale sogenannte Erstattungspreise ausgehandelt, andererseits können auch bei Reimporten Preissenkungen auf den Herstellerabschlag angerechnet werden. Auf diese Weise kann es passieren, dass ein preiswerteres Konkurrenzprodukt unter dem Strich teurer ist als das Original.

Im vergangenen Sommer hat sich die Barmer GEK des Themas angenommen. Weil das Spiel mit zwei Preisen bei einzelnen Reimporteuren zur Geschäftsstrategie zu gehören schien, retaxierte die Kasse mehr als 3000 Apotheken. Die Landesapothekerverbände warnten ihre Mitglieder, der Deutsche Apothekerverband (DAV) kündigte an, den Vorgang zu prüfen.

Mantell kannte die Problematik und machte sich in der Software auf die Suche nach dem Nettopreis, als im Juni 2013 ein Kunde mit einem Rezept über Zytiga in die Apotheke kam. Obwohl der Reimport von Axicorp verordnet war, gab der Inhaber der Stifts-Apotheke am Ende das Original ab. Denn das Produkt von Janssen war zwar auf den ersten Blick 900 Euro teurer als der Import, tatsächlich aber 70 Euro günstiger.

Der Listenpreis für Zytiga lag im entsprechenden Zeitraum bei 5450,21 Euro, die Alternative von Axicorp war mit 4508,12 Euro gelistet. Wegen Herstellerrabatt und Erstattungsbetrag kostete das Original tatsächlich aber nur 4223,13 Euro, der Reimport dagegen 4290,24 Euro.

Mantell war sich also sicher, alles richtig gemacht zu haben. Trotzdem retaxierte die IKK classic im März einen Betrag von 455,97 Euro, der sich aus der Differenz des Listenpreises abzüglich einer nachzuvollziehenden Differenz der Abschläge erklärte. Offenbar war man sich bei der Kasse schnell darüber klar, dass man einen Fehler gemacht hatte: Nach einem erbosten Anruf des Apothekers wurde der Einspruch anerkannt.

Doch vor wenigen Tagen wiederholte sich die Geschichte. Diesmal wurde ein Rezept aus dem November retaxiert, die Zusammenhänge waren exakt dieselben: selber Patient, selber Arzt, selbes Präparat, selber Reimport. Immerhin ging auch dieser Fall schnell zugunsten von Mantell aus: Der Einspruch wurde abermals anerkannt. Die Sachbearbeiterin sei in Urlaub gewesen und von einer neuen Kollegin vertreten worden, lautete die mündliche Entschuldigung der Kasse.

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