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Digitalisierung im Gesundheitswesen – Was sagen die Menschen?

Laichingen -

Die Digitalisierung der medizinischen Welt wird von der deutschen Bevölkerung durchaus positiv gesehen. Allerdings wird das tatsächliche Angebot dem Interesse der Kunden und Patienten häufig noch nicht gerecht. Dies fand Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom zusammen mit der Bayerischen TelemedAllianz (BTA) in seiner aktuellen Studie zur “Digital Health” heraus. Anlass hierzu war das E-Health-Gesetz, das laut Prof. Dr. Siegfried Jedamzik, dem Geschäftsführer der Bayerischen TelemedAllianz, der erste Grundstein für eine grundsätzliche Verbesserung des Gesundheitswesens sei.

Digitale Optionen sind erwünscht

Die Bevölkerung würde gerne mehr digitale Hilfsmittel in Anspruch nehmen, so Jedamzik, jedoch stelle die “Komplexität des Gesundheitswesens mit all seinen Beteiligten” noch immer eine Hürde dar, die es erschweren würde, die eigentlich gewünschten Angebote auch zur Verfügung zu stellen. In der Umfrage wurden 1.003 Deutsche ab 14 Jahren befragt, darunter 798 Internetnutzer und 698 Smartphone-Nutzer. Ginge es nach den Deutschen, so könnte die Digitalisierung gerne schneller voranschreiten: 45% aller Smartphone-Besitzer nutzen beispielsweise bereits Gesundheits-Apps, weitere 45% können sich vorstellen, dies zukünftig zu tun.

75% der Befragten haben schon einmal (32%) oder würden gern (43%) ihre Befunde digital, beispielsweise auf CD gebrannt, ausgehändigt bekommen. Dies erspart Patienten unnötige Wege, da die Kommunikation zwischen Versicherung, Fachärzten und Patienten digital erledigt wird, so der Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
18% haben bereits online einen Arzttermin vereinbart, 40% können sich vorstellen, dies künftig zu tun. Auch der SMS- beziehungsweise Mail-Service, der an Arzttermine erinnert, wird von fast der Hälfte aller Befragten gewünscht, bisher können jedoch nur 14% diesen Service in Anspruch nehmen.

Schwieriger wird es laut dem MLP Gesundheitsreport 2016 erst, wenn es darum geht, die Daten mit Dritten, wie zum Beispiel der Krankenkasse, zu teilen. Über 50% der Befragten gaben hier an, dass sie ihre Daten selbst dann nicht mit der Krankenkasse teilen würden, wenn sich daraus ein finanzieller Vorteil für sie ergeben würde. Herausstechend hierbei war auch das Alter der Befragten. Bei der jüngeren Generation (unter 40) wurden weitaus weniger Bedenken genannt als bei der älteren Generation. Der Trend scheint also auch hier immer mehr in Richtung Volldigitalisierung zu gehen.

Die Ergebnisse der Bitkom-Studie zeigen deutlich, dass zwar Interesse auf Seiten der Kunden besteht, die Digitalisierung jedoch an vielen Stellen noch nicht weit genug vorangeschritten ist, um den Kundenwünschen auch gerecht zu werden. Die Diskrepanz zwischen denen, die einen Service bereits in Anspruch nehmen, und denen, die es sich vorstellen können, war bei fast allen Fragen auffällig hoch.

Welche neuen Chancen bietet die Digitalisierung?


Neben der Bequemlichkeit, sich Wege zu ersparen, kann der Patient auf ein entgrenztes Angebot an Expertisen zurückgreifen. Die Digitalisierung von Patientenakten beispielsweise kann dazu führen, dass Zweitmeinungen aus dem Ausland eingeholt werden können. In der Umfrage interessierten sich bereits rund 50% dafür, sich Zweitmeinungen online einzuholen oder sogar eine Operation von einem Fachmann aus dem Ausland online überwachen zu lassen. Dies eröffnet Möglichkeiten an den Stellen, wo Lücken in der Versorgung entstehen.

Mit der Digitalisierung können sich mehr Menschen eigene Informationen einholen und Fachpersonal entlasten. Bereits jetzt informieren sich 88% der Befragten selbstständig zu Gesundheitsthemen. Mehr als die Hälfte nutzt hierfür das Internet. Rohleder spricht hier von mündiger werdenden Patienten. Es muss jedoch einen klaren Fahrplan geben, damit der Patient auch an die richtigen Informationen gelangt und nicht im Halbwissen erstickt. Hierfür eignet sich eine ganzheitliche Digitalisierung mit klarer Struktur und Hilfsmitteln wie Apps und der digitalen Gesundheitskarte.

Digitalisierung in der Apotheke fördern

Das Hauptproblem der Digitalisierung ist bisher das Misstrauen darüber, was mit den Daten geschieht. Gerade bei der älteren Bevölkerung herrscht Zweifel, ob die Daten nicht missbraucht werden. Hier ist es wichtig, im persönlichen Kontakt mit den Kunden zu sprechen und diese zu informieren. Um den Kunden Berührungsängste zu nehmen, ist es sinnvoll, über Datenschutz und etwaige Risiken aufzuklären. Neue Angebote in der Apotheke wie eine App oder eine Funktion zur Vorbestellung sollten hinreichend erklärt und in ihren Vorteilen sichtbar gemacht werden.

Die Mehrheit der Deutschen (74%) möchte selbst darüber entscheiden, wer Zugriff auf ihre Daten bekommt. Nur 32% würden diese Entscheidung Familienmitgliedern überlassen und nur 24% würden die Krankenkasse entscheiden lassen. Mündigkeit ist und bleibt das Stichwort: Der Patient will beraten und nicht bevormundet werden. Hier kommt eine Kernkompetenz der Apotheke zum Zuge. Durch eine seriöse Beratung können nicht nur Vorurteile oder Befürchtungen ausgeräumt werden, sondern im Dialog stellt sich auch heraus, was sich die Kunden genau wünschen. So lassen sich Angebote, die am Bedarf vorbeigehen, vermeiden.

Ob App, Gesundheitsinformationen, Vorbestellung oder Online-Beratung, wesentlich bleibt der vertrauensvolle Dialog mit den Kunden, das Gefühl der Sicherheit und die Gewissheit, dass der Rat in der Apotheke professioneller ist als ein Google-Ergebnis. Die Digitalisierung soll schließlich ein Hilfsmittel für alle Beteiligten sein, das gemeinsam genutzt wird, und nicht eine gute Beratung ersetzen.

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