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Astellas: Betmiga verschwindet APOTHEKE ADHOC, 22.05.2015 15:13 Uhr

Berlin - 

Wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Daumen senkt, haben Hersteller in den Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband kaum noch Argumente. Ein Druckmittel könnte der Rückzug vom Markt sein. Nach AstraZeneca bringt jetzt Astellas Druck ins Schiedsstellenverfahren: Betmiga (Mirabegron) verschwindet zum 1. Juni vorerst.

Mit dem GKV-Spitzenverband konnte Astellas in den Preisverhandlungen für das Mittel gegen Reizblase keinen Konsens erzielen. Im nächsten Schritt wird das Schiedsstellenverfahren eingeleitet. Nach Abschluss dieses Prozesses werde man die Situation erneut prüfen, teilte der Hersteller mit. Solange werde das Präparat nicht mehr verfügbar sein.

Man bedauere den Ausgang der Verhandlungen und die damit verbundenen Konsequenzen sehr, sagte Astellas-Geschäftsführer Wim Jacques Josephus Kockelkoren. Seit der Einführung sei das Präparat mehr als 100.000 Mal für circa 40.000 Patienten verordnet worden. Umso bedauerlicher sei es, dass man mit dem GKV-Spitzenverband trotz nach eigenen Angaben großer Kompromissbereitschaft keine Einigung erzielen konnte.

Zum 1. Juni stelle man daher den Vertrieb des Beta-3-Adrenozeptoragonisten ein. Der Großhandel wird noch einmal mit Ware bevorratet, zwei Monate könnten so zu überbrücken sein, heißt es von Astellas. Danach müssten die Apotheken das Medikament als Einzelimport beschaffen.

Wie zuvor schon AstraZeneca setzt der japanische Pharmakonzern darauf, dass die Kassen rechtzeitig einlenken. Für die Hersteller ist das Vabanquespiel riskant: Vom wirtschaftlichen Schaden einmal abgesehen, werden Ärzte und Patienten im Zweifelsfall kein Verständnis haben, wenn neue Produkte nach wenigen Monaten vom Markt verschwinden.

AstraZeneca hatte mit dem Antidiabetikum Forxiga (Dapagliflozin) Glück: Wenige Monate nach der kalkulierten Auslistung konnten sich der Konzern und sein Partner Bristol-Myers Squibb (BMS) doch noch mit dem GKV-Spitzenverband auf einen Erstattungspreis einigen.

Andere Hersteller haben den Rückzug vom Markt durchgezogen: Novartis boykottiert die deutschen Patienten bei Galvus (Vildagliptin) und Eucreas (Vildagliptin/Metformin), GlaxoSmithKline bei Trobalt (Retigabin), Janssen bei Invokana (Canagliflozin) und Vokanamet (Canagliflozin/Metformin), Sanofi bei Lyxumia (Lixisenatid) und Almirall bei Constella (Linaclotid). Eisai hat bei Fycompa (Perampanel) ein spezielles Importprogramm aufgelegt.

Mirabegron ist der erste Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse zur Therapie der überaktiven Blase (OAB): Der Beta-3-Adrenozeptoragonist fördert die Relaxation der glatten Blasenmuskulatur und wird eingesetzt zur symptomatischen Therapie von imperativem Harndrang, erhöhter Miktionsfrequenz und Dranginkontinenz. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hatte den Wirkstoff im November 2012 empfohlen.