ApoRetrO

Ik ben een apotheek Alexander Müller, 29.10.2016 07:58 Uhr

Berlin - 

Apothekerin Doris Mock wollte nicht länger warten. Schon zum dritten Mal war sie von Kunden darauf angesprochen worden, ob sie bei der Zuzahlung nicht ein oder zwei Euro nachlassen könne. Weil ein Rx-Versandverbot fraglich ist, geht sie jetzt den holländischen Radweg: Ihre Rosen-Apotheke heißt neuerdings Tulpen-Apotheek und statt Traubenzucker gibt es Frikandel Special. Boni gewährt sie nach Belieben und Gesetze hält sie bei Bedarf. Seitdem hat sich ihre Marge zwar nicht verbessert, dafür aber ihre Laune.

Doris hat eine Lücke in den EU-Verträgen entdeckt, so dass ihre Apotheke im Umland Hannovers jetzt zum niederländischen Staatsgebiet zählt. Damit darf sie nicht mehr mit lästigen Vorschriften diskriminiert werden und kann sich im Wettbewerb etwas freier bewegen. Die Rx-Boni sind nur der Anfang. Zum „apothekenüblichen Sortiment“ zählen ab sofort auch Gouda, Maasdammer und Boerenkaas.

Einmal kam der Pharmazierat und wollte frech werden. Aber Doris, die sich jetzt Antje nennt, blieb ganz freundlich. Sie zeigte ihm auf dem Fußboden die Grenzen seiner Zuständigkeit und machte ihm Poffertjes zum Abschied. Dem Herren von der Berufsgenossenschaft erging es bezüglich der Holzschuhe ebenso. Kunden werden nur weggeschickt, wenn sie die Anfertigung einer Rezeptur oder andere aufwändige Serviceleistungen erfragen.

Doch es gibt Widerstände gegen die Tulpen-Apotheek. Es gibt eine Initiative im Bundesrat, die extraterritoriale Apotheken im Inland verbieten will. Ob es dafür aber eine Mehrheit in der Länderkammer gibt, ist ebenso offen wie in Sachen Rx-Versandverbot. Die ABDA schießt zwar tatsächlich aus allen ihr verfügbaren Rohren, doch das scheint aktuell nicht zu reichen. Das könnte daran liegen, dass man mit Karabinerhaken nicht schießen kann – aber das ist ein anderes Thema. Die Kassen schießen schon aus Gewohnheit zurück.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat die ABDA-Spitze schon empfangen. Und er hat in seinen Fachressorts einen Gesetzesentwurf bestellt. Minister Gröhe steht an der Seite der Apotheker. Ob er dort stehen bleibt oder nur kurz zum Gruppenfoto gekommen ist, werden die nächsten Wochen zeigen. Mit Professor Dr. Karl Lauterbach (SPD) hat sich jedenfalls eine vernehmbare Stimme in der Fraktion des Koalitionspartners schon gegen ein Rx-Versandverbot ausgesprochen. Es gibt aber auch gute Gründe dafür.

Zwar wollen auch ein einige Gesundheitsminister aus den Bundesländern das Rx-Versandrad zurückdrehen, aber die Apotheker werden erst daran glauben, wenn ein § davor steht. Zu oft wurden ihnen Hoffnungen gemacht, sei es bei Pick-up, Retaxationen oder auch schon früher einmal beim Rx-Versandhandel. Bedenken der Verfassungsressorts können politischem Unwillen erfahrungsgemäß breiten Schutz bieten.

Die namhaften deutschen Versandapotheken wollen jedenfalls auch nicht auf ein Rx-Versandverbot warten – obwohl sie im Verhältnis zu DocMorris davon vermutlich sogar profitieren würden. Nein, sie wollen sich in der Rabattschlacht mit schlagen. Dazu haben sie den Plan ausgeheckt, dass einer sich vorwagt und verklagen lässt. Die Gerichtskosten würde man sich teilen und hoffentlich schnell ein Ende der Inländerdiskriminierung erreichen.

Irgendwie muss man sich ja wehren. Man muss die Holland-Versender zum Beispiel nicht auch noch an der eigenen Hauswand für sich werben lassen. Als ein Apotheker von dem Engagement der Firma Ströer bei Vitalsana erfuhr, fand er deren Angebot für Außenwerbung gar nicht mehr so attraktiv.

Für Boni kann man werben, aber es gibt ein großes Hindernis, das den Versandapotheken seit Jahr und Tag das Geschäft versaut: Papier. Dass es immer noch kein E-Rezept gibt, zählt zu den größeren Sorgen im Versandgeschäft. Und dagegen gibt es nur ein Mittel: das E-Rezept. Zur Rose würde sich am liebsten selbst eins machen. Zusammen mit dem Kassenverband GWQ und dem Hausärzteverband in Bremen. Wenn jetzt noch der Förderbrief vom Innovationsfonds kommt, wird ein Fass aufgemacht.

Was nützt ein Rezept, analog oder digital, wenn das darauf verordnete Präparat nicht verfügbar ist. Lieferengpässe und Kontingentierung sind eine alltägliche Sorge in den Apotheken. AstraZeneca hat diesbezüglich nicht den weltbesten Ruf. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC äußert sich jetzt Firmenchef Dirk Greshake.

Wenn es mal gar nichts mehr gibt, gibt es immer noch Ebay. Auf der Onlineplattform werden regelmäßig apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel angeboten. Manchmal auch BtM. Manchmal auch Abgelaufenes. Ist aber egal: „Ist ja nur ein Mindesthaltbarkeitsdatum.“

Haltbarkeit ist immer auch ein Thema, wenn über Zyto-Verträge gestritten wird. Die Politik will hier bekanntlich einen Riegel vorschieben und die aktuellen Erfahrungen bestätigen dies. Bei SpectrumK gibt es Probleme mit Apotheken, die sich nicht bei der Praxis melden, und solchen, die schon wieder aussteigen wollen. Und DAK/GWQ wollen im Dezember starten – dann müssen wieder vier von fünf Onkologen die Apotheke wechseln. Wird Zeit, dass dem ein Ende bereitet wird.

Exklusivität auf die Fahne schreibt sich die Apothekenkooperation Elac Elysée. Da aber immer mehr Apotheken zumindest nahe an die Eintrittshürde von 2,5 Millionen Euro Jahresumsatz kommen, wurde diese jetzt angehoben – auf 3 Millionen Euro. Wer hat, der kann.

Und wer kann, der muss: Boehringer reitet eine Phyto-Attacke auf Prospan und Phytohustil. Mucohelix ist ein schleimlösender Hustensaft mit Efeu. Das Silomat-Sortiment wird um einen Sirup mit Eibisch/Honig erweitert. Wofür eine Dachmarke alles gut sein kann. Schönes Wochenende!