Schweiz

Zur Rose: Präsenzapotheke statt OTC-Versand APOTHEKE ADHOC, 10.11.2015 09:21 Uhr

Berlin - 

Rx-Bonus, Pick-up, Online-Rezept: Versandapotheken lassen sich viel einfallen, um Kunden ins Internet zu locken. Doch manchmal liegt das Gute so nah, dass man erst auf Umwegen ans Ziel kommt. Zur Rose will im kommenden Jahr eine Präsenzapotheke eröffnen und so auf allen Kanälen präsent sein.

Im August 2016 soll im Bahnhof Bern eine erste Flagship-Apotheke von Zur Rose eröffnen. Der Versandhändler verspricht seinen Kunden neue Vorteile wie die Online-Bestellung mit Option, die Medikamente in der Filiale abzuholen.

Ein Schwerpunkt soll auf rezeptfreien Medikamenten liegen, deren Bezug über die Versandapotheke aufgrund eines Gerichtsurteils Ende September „verunmöglicht“ wurde. Im Flagshipstore sollen Kunden die gleichen Konditionen bekommen wie im Versandhandel. Ein Pick-up-Konzept für importierte Ware ist aber nicht vorgesehen.

Für Firmenchef Walter Oberhänsli ist der Omnichannel-Ansatz ein logischer Schritt: „Als Versandapotheke ist die Präsenz mit einer Vor-Ort-Apotheke eine sinnvolle Ergänzung, denn wir können die Synergien beider Kanäle nutzen.“ Oberhänsli ist überzeugt: „Einkaufen auf allen Kanälen ist die Zukunft. Das Nutzungsverhalten der ,online shopper' zeigt dies deutlich.“ Details zum neuen Konzept oder zur geplanten Anzahl an Apotheken wollte sich Zur Rose nicht weiter äußern.

Zur Rose hat bereits Erfahrungen mit Präsenzapotheken: Wenige Monate nach Gründung der Ärzte-AG wurde im Mai 1993 in Steckborn am Untersee eine gleichnamige Apotheke eröffnet. 2003 eröffnete in Halle/Saale das Logistikzentrum von Zur Rose, das als Dienstleister der gleichnamigen Präsenzapotheke fungiert. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte es abgelehnt, sich mit der Konstellation zu beschäftigen – der klagende Apotheker war nicht klagebefugt.

Die Bestellterminals in den Märkten der Drogeriekette dm wurden dagegen im Frühjahr wegen ausbleibenden Erfolgs abgeschaltet. „Zur Rose“ hatte sich von der Pick-up-Kooperation vor allem eine verstärkte Neukundengewinnung versprochen. Doch die blieb hinter den Erwartungen: „Die Erfahrung der letzten zwei Jahre hat gezeigt, dass die meisten Bestellungen bei der Apotheke 'Zur Rose' online, per Telefon oder per Post eingegangen sind“, sagte eine Sprecherin. In den rund 1600 dm-Filialen gibt es keine Bestellterminals des Versenders mehr; lediglich der Abholservice bleibt erhalten.

In Deutschland hatten ab 2007 Betriebswirte und Marketingexperten aus Leipzig um Professor Dr. Christian Schleuning versucht, in den neuen Bundesländern eine Apothekenkette aufzuziehen. Doch die Pläne zerschlugen sich schon vor dem Richterspruch aus Luxemburg: Anfang 2009 wurde das Insolvenzverfahren gegen die Betreiberfirma Kosmas eröffnet. Schleuning hatte vor dem Projekt den von ihm gegründeten tschechischen OTC-Versender VfG an Zur Rose verkauft.

Dass Zur Rose jetzt in der Schweiz auf Offensive ist, hat auch mit dem starken Euro zu tun, der das Auslandsgeschäft belastet. In den ersten sechs Monaten hatte die Versandapotheke, zu der auch DocMorris gehört, geschwächelt: Der Umsatz sank um 10 Prozent auf rund 412 Millionen Schweizer Franken (rund 380 Millionen Euro). Bereinigt um Währungseffekte lag der Rückgang bei 4 Prozent: Der Poststreik im Juni hatte dem Versandhandel in Deutschland stark zugesetzt.

Unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von zwei Millionen Franken. Vor allem DocMorris belastete die Bilanz: Der Umzug der niederländischen Versandapotheke im Juni von Heerlen näher an die deutsche Grenze sowie die „hohen Anlaufkosten des neuen Betriebs“ drückten auf das Ergebnis.

Oberhänsli läuft die Zeit davon: Jahr für Jahr muss Zur Rose knapp 1,7 Millionen Franken erwirtschaften, alleine um die Gläubiger bedienen zu können. Um DocMorris kaufen und integrieren zu können, hatte die Ärzte-AG Ende 2012 eine Anleihe über 50 Millionen Franken herausgegeben, die mit etwas mehr als 4 Prozent verzinst ist. Im Dezember 2017 muss der Betrag zurückgezahlt werden. Bis dahin muss die Gruppe solide Zahlen liefern.