Liegt die Ursache beim Vektor?

Impf-Thrombosen: Plättchenfaktor bindet an Virus APOTHEKE ADHOC, 14.12.2021 08:58 Uhr

Einem Forscherteam zufolge sind die verwendeten Adenoviren die Ursache für Immun-Thrombozytopenien nach der Corona-Impfung. Foto: Tum ZzzzZ/shutterstock.com
Berlin - 

Zu Beginn der Impfkampagne kam es immer wieder zu Meldungen über Thrombosen in zeitlichem Zusammenhang mit einer Corona-Impfung. Auch wenn die Fälle insgesamt sehr selten sind, wollten Forscher:inner der Mayo Clinic in Rochester/Minnesota herausfinden, wie eine sogenannte Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie (VITT) entsteht. Immerhin kann sie lebensbedrohliche Venen- und Sinusthrombosen nach sich ziehen. Das Team könnte nun eine Erklärung gefunden haben.

Seit vielen Monaten suchen Wissenschaftler:innen die Ursache für die Immun-Thrombozytopenien, welche in Zusammenhang mit den Corona-Impfungen aufgetreten sind. Es kristallisierte sich heraus, dass sie wahrscheinlich auf eine Bindung des Plättchenfaktors 4 (PF4) an die Adenoviren zurückzuführen sind. Denn in ihrem Krankheitsbild ähnelt die VITT einer Heparin-induzierten Thrombozytopenie (HIT), bei der es ebenfalls zu einer Bildung von PF4-Antikörpern kommt.

Ist das Adenovirus schuld?

Da diese Impfkomplikation fast nur nach der Verabreichung von Vektor-Impfstoffen auftrat, vermuteten Forscher:innen schon länger, dass die Ursache beim Vektor liegen muss. Diesen stellen bei den Impfstoffen von AstraZeneca und Janssen Adenoviren dar: Bei Vaxzevria ist es das Adenovirus ChAdOx1, bei Johnson & Johnson das Adenovirus Ad26.

Das Team der Mayo Clinic hat die beiden Adenoviren genauer unter die Lupe genommen und mithilfe einer Kryoelektronenmikroskopie untersucht. Den Forscher:innen zufolge wurde dabei die höchste Auflösung erzielt, mit der jemals ein Adenovirus untersucht wurde – nämlich 3,07 Ångström. Dabei zeigte sich, dass der Plättchenfaktor 4 an einigen Stellen am Virus haftet. Dabei handle es sich um elektrostatische Anziehung, so das Team.

Die Forscher vermuten, dass dieser Komplex auch dann bestehen bleibt, wenn er durch die Phagozytose aufgenommen und dem Immunsystem präsentiert wird. Wird er dann als körperfremd erkannt, werden die B-Zellen aktiv, die einige Tage später Antikörper gegen den Adenovirus-PF4-Komplex bilden. Dadurch werden Thrombozyten aktiviert, welche zur Thrombenbildung führen.

Welche Lösungsansätze gibt es?

Mithilfe von Heparin könne diese Komplexbildung verhindert werden, erklären die Forscher:innen. Behandlungsansätze ließen sich daraus jedoch nicht ableiten – denn für eine generelle Prophylaxe mit Heparin sei die Komplikation zu selten und das allgemeine Blutungsrisiko zu hoch. Außerdem kann Heparin nach Eintreten der VITT eher kontraproduktiv sein. Die Leitlinien raten daher von einem Einsatz ab und empfehlen andere Antikoagulanzien.

Dennoch geben die Forscher:innen einen möglichen Hinweis zur Vermeidung: Durch eine Veränderung der Oberflächenstruktur der Adenoviren könne die Komplex-Bildung verhindert werden. Allerdings müssten neu eingesetzte Vektoren wieder klinisch getestet werden, bevor sie zum Einsatz kommen können.