Laryngomedin

Klosterfrau bucht ab, liefert nicht Patrick Hollstein, 21.09.2016 14:45 Uhr

Berlin - 

Das Aus für Locabiosol (Fusafungin) hat andere Hersteller auf den Plan gerufen. Klosterfrau wollte mit Laryngomedin (Hexamidin) den Klassiker von Servier/Stada beerben. Doch offenbar gibt es Probleme mit der Auslieferung der Direktbestellungen. Der Bankeinzug dagegen funktioniert.

„Locabiosol geht, Laryngomedin N kommt“, verkündete der Kölner OTC-Hersteller im Frühsommer. Apotheken sollten das Halsspray bestellen, das bei Entzündungen in Hals und Rachen eingesetzt wird. Die Auslieferung wurde für September angekündigt.

Doch nach wie vor warten die Apotheken auf ihre Ware. Es gebe technische Probleme, wurde einem Pharmazeuten von Klosterfrau mitgeteilt. Das hinderte den Hersteller aber nicht daran, den Rechnungsbetrag bereits unangekündigt vom Konto der Apotheke einzuziehen. Er habe sich über die Abbuchung gewundert, da er zu der angegebenen Rechnungsnummer keinen Beleg finden konnte, sagt der Inhaber.

Klosterfrau hat sich bislang nicht zu den Hintergründen geäußert. Beim Großhandel ist Ware verfügbar, warum ausgerechnet Direktbestellungen nicht abgearbeitet werden können, ist unbekannt. Der Kölner Hersteller hatte Laryngomedin erst im vergangenen Jahr übernommen, davor hatte Kyberg das 1994 eingeführte Produkt vertrieben.

Die Zulassung für Locabiosol war Ende Mai erloschen; zuvor hatte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) wegen Meldungen zu schweren allergischen Reaktionen bei Erwachsenen und Kindern den Widerruf empfohlen. Stada rief bereits im April die Restbestände zurück. Kunden, die das Medikament über Jahre verwendet haben, mussten sich Alternativen suchen.

Locabiosol war seit 1978 auf dem Markt und zur Behandlung bei akut entzündlichen Erkrankungen der oberen Luftwege zugelassen. Das Präparat gehört dem französischen Hersteller Servier. Hierzulande gibt es seit 2006 eine Vertriebskooperation mit der Stada.

Andere Hersteller versuchten, die Lücke zu nutzen – allen voran Reckitt Benckiser mit Dobendan direkt und Wick mit Sulagil. Weitere Sprays gegen Halsschmerzen gibt es unter den Marken Tantum Verde (CSC Angelini), Neo-Angin (Klosterfrau) und Dequonal (Krewel-Meuselbach) sowie von Doppelherz (Queisser) und Emser (Siemens).

Wer statt des Sprays lieber auf Lutschtabletten umsteigen möchte, für den steht eine breite Palette an Halsschmerztabletten zur Auswahl. Dobendan ist mit einem Jahresumsatz von 55 Millionen Euro auf Basis der Verkaufspreise unangefochtener Marktführer in den Apotheken. Knapp sieben Millionen Packungen gehen pro Jahr über den HV-Tisch. In den Apotheken spielen die freiverkäuflichen Dobensana-Produkte eine untergeordnete Rolle: Nur 6 Prozent nach Wert beziehungsweise 7 Prozent nach Menge entfallen auf diese Produktgruppe. 56 Prozent des gesamten Geschäfts mit Dobendan entfallen auf Dolo Dobendan, das zusätzlich Benzocain enthält. Mit weiteren 36 Prozent sind die Halstabletten von Dobendan direkt (Flurbiprofen) in der Offizin das zweitwichtigste Produkt.

Neo-Angin liegt mit mehr als vier Millionen Packungen und 32 Millionen Euro deutlich dahinter. Das Klosterfrau-Produkt ist apothekenexklusiv, im Drogeriemarkt ist das Schwesterprodukt Anginetten zuhause. Besonders bitter: Als Vertriebspartner hatten die Kölner das heutige Konkurrenzprodukt an die Spitze gebracht: 2010 zog Dobendan erstmals an Neo-Angin vorbei, im Mai 2014 ließ RB die Vereinbarung nach 16 Jahren auslaufen.

Dahinter folgen Lemocin (Novartis) und Dorithricin (Medice) mit jeweils rund 15 Millionen Euro und zwei Millionen Packungen. Für das Antibiotikum, das in beiden Produkten zu finden ist, sind seit 60 Jahren keine Resistenzen bekannt. Die Stada hat mit Locastad ebenfalls Halspastillen als Nachfolger zum Spray auf den Markt gebracht.

Häufiger verkauft werden die softeren Varianten: Isla (Engelhard) kommt auf 21 Millionen Euro und vier Millionen Packungen, Ipalat (Dr. Pfleger) auf mehr als 15 Millionen Euro und 3,5 Millionen Packungen. Gelo Revoice bringt es auf 17 Millionen Euro und mehr als zwei Millionen Packungen.

2014 waren gleich zwei Hersteller gegen das 2009 eingeführte Medizinprodukt von Pohl-Boskamp angetreten: Neo-Angin stimmig und Isla-med hydro+ sollten Revoice Geschäft streitig machen. Siemens & Co. setzt mit einer Millionen Packungen Emser-Pastillen mehr als vier Millionen Euro um.

Zuletzt die reinen Hustenbonbons: Em-Eukal (Dr. Soldan) bringt es auf 7 Millionen Euro und knapp vier Millionen Packungen, Wick (Katjes) auf mehr als sechs Millionen Euro und knapp drei Millionen Packungen. Weitere nach Absatz wichtige Marken sind Ricola (Klosterfrau), Dallmanns (Katjes) sowie Pectoral und Fisherman's Friend (beide Wepa).