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Aldi streicht Arzneimittel APOTHEKE ADHOC, 07.04.2015 15:18 Uhr

Berlin - 

Der Lebensmittel-Discounter Aldi Nord hat sich aus dem Regalgeschäft mit Gesundheitsprodukten verabschiedet. Einem Bericht der Lebensmittel Zeitung (LZ) zufolge wird das Sortiment von mehr als zehn auf nur noch drei Produkte eingestampft. Daneben beschränkt sich Aldi auf Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin C und Calcium und eine Vitamin-B12-Vital-Kur. Offenbar haben die Drogerien dem Discounter zu wenig Luft gelassen.

Das hatte Konkurrent Lidl bereits im April 2013 erkannt und sich aus dem Geschäft mit dem Gesundheitsregal zurückgezogen. Aldi ist somit laut LZ der zweite große Discounter, der Arzneimitteln den Rücken kehrt. Aldi Süd hält derzeit noch an dem Konzept fest.

Dabei hatte sich der Discounter zunächst stark engagiert: Bereits Ende der 1990er Jahre hatte Aldi Gesundheitsprodukte ins Sortiment genommen und sich damit eine führende Position gesichert. Bei Aldi Nord läuft die Linie unter den Marken St. Christoph und Vitalis. Hergestellt werden die Produkte von Markenanbietern aus der Apotheke.

Aldi war oft sogar nachgesagt worden, eine eigene Versandapotheke zu planen. Bereits 2010 hatte sich der Discounter die Domain aldi-apotheke.de gesichert, sogar über Pick-up-Stellen in den Filialen wurde gemunkelt. 2012 berichtete das Manager-Magazin, die Vorbereitungen seien weit fortgeschritten und die Versandapotheke gehe demnächst ans Netz.

Als die Versandapotheke Almedica 2012 den Probebetrieb aufnahm, wies daher einiges auf eine Beteiligung durch Aldi, auch wenn die Beteiligen dies dementierten. Allerdings: Bereits 2013 meldete die Apotheke Insolvenz an. Nach der Schlecker-Pleite 2012 wollte auch Aldi zudem von dem neuen Kundenpotenzial profitieren und Marken-Drogerieartikel ins Sortiment aufnehmen. Außerdem wurden die Preise gesenkt.

Allerdings ist der Markt mit Gesundheitsprodukten laut LZ nicht mehr so dynamisch wie in den 90er Jahren. Außerdem seien die Handelsmargen wenig attraktiv: „Das Geschäft mit Private-Labels macht weder dem Handel noch den Herstellern Spaß“, zitiert die Zeitschrift einen Produzenten mit Blick auf Segmente wie Brausetabletten. Drogeriemarktführer dm kalkuliere seine Dauerniedrigpreise scharf.

Darüber hinaus dürften den Discountern auch die niedrigen Drehzahlen der Produkte missfallen, mutmaßt die LZ. Der Ausverkauf bei Aldi Nord zeige das Problem deutlich: Anfang 2014 habe sich der Discounter für den Ausstieg entschieden – und erst Ende des Jahres seien Lücken sichtbar geworden. Aldi will dem Bericht zufolge künftig auf ein saisonales Angebot setzen: Hustensaft im Winter, Muskelpräparate im Sommer. Hinzu kommen die Nahrungsergänzungsmittel.

Marktbeobachter bewerten den Ausstieg von Aldi dem Bericht zufolge als „Sieg der Drogeriemärkte“. Denn für dm, Rossmann und andere sei das Gesundheitsregal eine Profilierungskategorie. Mit cleverer Sortimentspolitik, starker Expansion und Kampfpreisen gäben die Drogerien den Discountern zu wenig Raum.

Marktführer dm beispielsweise zeige auf zwölf Metern zahlreiche eigentlich apothekenexklusive Produkte wie Almased, Vitasprint oder Baldriparan. Seit kurzem gebe es außerdem Homöopathika und vorübergehend NAC-Präparate, um die die Drogeriekette derzeit noch streitet. Dieser Vielfalt habe Aldi mit seinen Eigenmarken auf nur zwei Regalböden wenig entgegenzusetzen gehabt. Rossmann und dm vereinen laut LZ bis zu 50 Prozent der Kategorieumsätze auf sich.

Aldi Süd hat die Eigenmarke Multinorm im Sortiment. Blutdruckmessgeräte und andere Medizinprodukte laufen unter dem Namen Curamed und werden vom mittlerweile zu Lenovo gehörenden Hauslieferanten Medion gefertigt. Aldi Süd will laut LZ weiter im Gesundheitsgeschäft spielen, auch wenn Eigenmarken nur für 15 Prozent der Kategorieumsätze stehen. Allerdings räumt Aldi Süd den Produkte mehr Platz ein als es Aldi Nord tat.