Österreich

Apothekerpräsident wird Weltenbummler Lothar Klein, 22.04.2017 09:24 Uhr

Berlin - 

Nach fünf Jahren an der Spitze der Österreichischen Apothekerkammer zieht sich Max Wellan vorläufig aus der Standespolitik zurück. Bei den Vorwahlen im Apothekerverband zeichnete sich eine Niederlage für ihn ab. Der 48-Jährige verzichtet nun auf eine erneute Kandidatur. Zur Ruhe setzt sich der schwungvolle Apotheker aber nicht. Wellan hat viele Pläne – aber erst nach einem Sabbatical. Denn nun steht eine Weltumrundung an.

Ein wenig Wehmut schwingt schon mit, nach insgesamt 20 Jahren Engagement in der Berufspolitik, einer Vielzahl innovativer Projekte und mehr als 1000 Fortbildungsveranstaltungen. Wellan hätte gerne weitergemacht. „Aber Stimmungen sind zu akzeptieren“, räumt er ein.

„In unserer Gesellschaft kommt es zu einem Spannungsverhältnis zwischen leiser, aber effektiver Arbeit und dem Wunsch nach lauter, markiger Interessenvertretung. Das Amt als Präsident aller österreichischen Apothekerinnen und Apotheker habe ich staatsmännisch angelegt. Heutzutage geht es oftmals um Stilfragen und weniger um Inhalte“, so Wellan.

Alle fünf Jahre wählen Österreichs Apotheker in einem komplizierten Verfahren den Kammerpräsidenten. Die angestellten Apotheker und die selbständigen Kollegen küren in unterschiedlichen Verfahren ihre Kandidaten. Bei den Vorwahlen der selbständigen Apotheker hat sich dann gezeigt, dass die Chancen Wellans auf eine zweite Amtszeit schlecht stehen.

„Das muss ich akzeptieren. Nach 20 Jahren Engagement in der Berufsvertretung nehme ich mir eine Auszeit für mindestens sechs Monate“, so Wellan. Mehr noch, auf den Spuren der Pharmazie und auf den Pfaden interessanter Digitalisierungsprojekte wird Wellan die Welt umrunden: „Ohne Zeitdruck möchte ich einmal Länder, Projekte und Konzepte kennenlernen, die sonst zu kurz gekommen sind.“ Neben Asien und Neuseeland steht auch Südamerika auf seinem Reiseplan.

Jahrelang hat Wellan in der Wiener Apotheke am Reumannplatz als angestellter Apotheker gearbeitet, neben der Berufspolitik an der Tara gestanden. Vor zwei Jahren hat ihm seine Mutter ihre Anteile an der Apotheke überschrieben: Mit 25 Prozent ist Wellan jetzt Miteigentümer. Das hat seine Chancen auf eine zweite Amtszeit nicht verbessert. „Als Präsident war ich immer für beide Seiten da, aber gerade im Wahlkampf sind Partikularinteressen maßgeblich.“ Das macht im paritätisch zwischen angestellten und selbständigen Apothekern ausbalancierten Standessystem in Österreich einen Unterschied. Wellan kennt jetzt zwar beide Seiten der Medaille, „aber die Standespolitik sei geprägt „vom Entweder Oder“.

Als größten Erfolg seiner Amtszeit wertet Wellan die Einführung des Medikationsmanagements in Österreich. „Diesen Weg sind viele Apotheker mitgegangen“, freut er sich. 1500 Apotheker von 6000 hätten bereits Fortbildungskurse absolviert. Mehr noch: „Wir haben gut Kurs gehalten in den turbulenten Zeiten.“ Von seinem Sieben-Punkte-Programm habe er einen Großteil umgesetzt.

Die Apothekerkammer sei als verlässlicher und ernstzunehmender Partner im österreichischen Gesundheitswesen anerkannt. Das Zukunftsprojekt „Pharmakogenetik“ sei auf die Schiene gesetzt und die Positionierung der Apotheke als Ort der Sicherheit und Transparenz vorangekommen. „Und mit der Anti-Fälschungskampagne haben wir sicher ein breites Bewusstsein geschaffen für die Gefahren, die es im Internet gibt“, zählt Wellan auf.

Als Erfolg verbucht Wellan auch die Geschlossenheit und der Zusammenhalt in der Apothekerkammer – trotz des aktuellen Wahlkampfgepolters. Nur so sei es möglich gewesen, auf das EuGH-Urteil zur Bedarfsplanung für Österreichs Apotheken angemessen und schnell zu reagieren. Seit dem Richterspruch aus Luxemburg musste in Österreich die Niederlassung neuer Apotheken gelockert werden. Dass die bestehenden Apotheken dadurch nicht gefährdet werden, rechnet sich Wellan als Erfolg an.

Auch die erzwungene Einführung des OTC-Versandhandels war eine der großen Herausforderung seiner Amtszeit: „Durch verschiedenen Maßnahmen ist er eine Randerscheinung geblieben“, sagt Wellan. Der Anteil des OTC-Versandhandels liegt in Österreich unter 1 Prozent. Das hat viel Arbeit gekostet. Abgeblockt werden konnte auch der Verkauf von OTC-Arzneimitteln in Supermärkten und Drogerien.

Auch in der internen Kommunikation sei viel passiert, zieht Wellan Bilanz: „Wir haben das Service für Apotheken ausgebaut und starten gerade das Socialmedia-Projekt. Dazu kommt die Apo-App mit ihren neuen Funktionen. Sie ist in der Zwischenzeit die meistgeladene Gesundheitsapp. Das zeigt, dass Apotheker auch mit der Zeit gehen und neue Kommunikationskanäle nutzen.“

Auch in Österreich treibe die Apotheker die Sorge vor dem „Verlust der guten alten Zeit“ um. Wellan wünscht sich, dass sein Nachfolger im Präsidentenamt wie er neue Wege suchen und finden wird: Die Honorierung von apothekerlichen Leistungen wie dem Medikationsmanagement müsse vorangetrieben werden, sagt Wellan: „Dienstleistungen müssen bezahlt werden.“ Ob er irgendwann mal wieder in die Berufspolitik einsteigt, weiß Wellan noch nicht. Darüber will er erst nach seiner Weltreise nachdenken.

In Deutschland jedenfalls wird man Wellan vermissen: Auf allen Apothekertagen und vielen Kongressen war der Österreicher ein gern gesehener und kommunikativer Gast. Wellan: „Sie wissen ja wie das ist mit dem Propheten im eigen Land.“