GroKo-Sondierung

Strukturpolitik: CSU vergisst Apotheker Lothar Klein, 02.01.2018 14:50 Uhr

Berlin - 

Bislang stärkte insbesondere die CSU den Apothekern bei ihren Forderungen nicht nur nach einem Rx-Versandverbot den Rücken. Zur Vorbereitung der Sondierungen mit der SPD über die Bildung einer Großen Koalition (GroKo) lassen die Christsozialen die Apotheker jetzt allerdings in ihren Überlegungen zur Strukturpolitik links liegen: Im Kapitel Gesundheit und Stärkung des ländlichen Raumes der Beratungsvorlage für die anstehende Klausurtagung der CSU-Landesgruppe kümmert sich die Partei nur um die Ärzte.

„Wir wollen eine gute Gesundheitsversorgung in allen Regionen. Eine gute ärztliche Versorgung darf keine Frage der Postleitzahl sein. Wir wollen deshalb mehr Ärzte im ländlichen Raum ansiedeln und 10 Prozent mehr Ärzte ausbilden“, heißt es dort. Über die Probleme der Arzneimittelversorgung und der abnehmenden Zahl von Apotheken auch in Bayern verliert die CSU kein Wort. Dabei hatte die CSU noch im zurückliegenden Wahlkampf darauf bestanden, die Forderung nach einem Rx-Versandverbot ins gemeinsame Wahlprogramm mit der Union aufzunehmen. Damit hatte die Partei sogar im Wahlkampf um Spenden geworben.

„Zudem wollen wir die Chancen der Digitalisierung nutzen und mit dem Ausbau der Telemedizin die Versorgung wohnortunabhängiger gestalten“, heißt es in der Beschlussvorlage „Neue Strukturpolitik“ weiter. Zur Vorbereitung der Sondierungsgespräche mit der SPD hat die CSU vier Themenfelder definiert: Außer um Strukturpolitik geht es um Sicherheit und Zuwanderung, um Bildung, die Rolle Europas und Wirtschaftspolitik. Auch zur SPD-Kernforderung nach Einführung einer Bürgerversicherung äußert sich die CSU in diesen Beschlussvorlagen nicht.

Die Spitzen von Union und SPD treffen sich an diesem Mittwoch zu einem weiteren Vorgespräch. Daran werden wohl wie schon vor Weihnachten neben Kanzlerin Angela Merkel als CDU-Vorsitzende die Parteichefs Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) teilnehmen, die Fraktionschefs Volker Kauder (CDU) und Andrea Nahles (SPD) sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die Sondierungen in größerer Runde beginnen dann offiziell am 7. Januar und sollen am 12. Januar abgeschlossen sein. Die SPD will am 21. Januar auf einem Sonderparteitag über die Aufnahmen von Koalitionsverhandlungen entscheiden.

In den Sondierungsgesprächen dürfte die Gesundheitspolitik daher noch keine zentrale Rolle spielen. Es wird allerdings erwartet, dass es eine Richtungsentscheidung zum Thema Bürgerversicherung geben wird. An den Sondierungen nehmen weder bei der Union noch bei der SPD Gesundheitspolitiker teil. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und der führende SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kommen erst in möglichen Koalitionsverhandlungen zum Zuge. SPD und CDU führen die Gesprächen mit jeweils zwölf Vertretern. Dafür haben die Parteispitzen von CDU, CSU und SPD zunächst 15 Themenblöcke definiert – darunter auch Soziales, Rente, Gesundheit und Pflege.

Erst in den anschließenden Koalitionsverhandlungen dürfte die Gesundheitspolitik eine wichtige Rolle spielen. Für CDU und CSU ist allein das Wort Bürgerversicherung ein „rotes Tuch“ und markiert eine Linie, die nicht überschritten werden darf. Es wird daher darum gehen, einen Begriff zu prägen, der beiden Seiten das Gesicht wahren lässt. Inhaltlich liegen Union und SPD – anders als die öffentlichen Statements vermuten lassen – nicht unüberbrückbar weit auseinander.

Die Beitragsparität soll schrittweise wieder hergestellt werden. Nach dem Hamburger Beispiel könnten Beamte freiwillig in die GKV wechseln. Kernpunkt wird aber die Annäherung der Arzthonorare für Kassen- und Privatpatienten sein, die Abschaffung der ambulanten „Zweiklassenmedizin“. Auf mittlere Sicht könnte dies zur Verschmelzung von GKV und PKV führen, weil es kaum noch Anreize gäbe, sich privat zu versichern.