180 statt 90 Tage

Genesenenstatus: Union will sechs Monate Patrick Hollstein, 08.04.2022 18:18 Uhr

Die Union fordert eine Verlängerung des Genesenenstatus auf sechs Monate. Foto: Janet Worg/shutterstock.com
Berlin - 

Der Streit um den Genesenennachweis nimmt kein Ende. Nachdem dieser zunächst einheitlich für 180 Tage gültig war, verkürzte das Robert Koch-Institut (RKI) ihn im Januar über Nacht für Ungeimpfte auf 90 Tage. Durch das neue Infektionsschutzgesetz (IfSG) gilt diese verkürzte Frist nun unabhängig vom Impfstatus. Doch die Union will zurück zu sechs Monaten, wie sie überall in Europa gelten.

Die Unionsfraktion fordert, die Verkürzung der Dauer des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate wieder zurückzunehmen und damit der europaweiten Regelung anzugleichen. Die EU-Staaten hätten sich darauf geeinigt, dass der Genesenenstatus europaweit 180 Tage lang gelte, heißt es in ihrem Antrag. Dem habe auch die Bundesregierung zugestimmt. Gleichzeitig sei in Deutschland die Dauer des Genesenenstatus auf 90 Tage halbiert worden. Dies sei ein schwerer Fehler, denn die für den Alltag vieler Bürgerinnen und Bürger weitreichende Entscheidung sei intransparent gefallen: ohne Vorankündigung, ohne Abstimmung mit den Ländern und ohne nähere Begründung auf der Internetseite des Robert Koch-Instituts (RKI).

Bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss machten mehrere Sachverständige deutlich, dass die Regelung rein regulatorisch und weniger medizinisch begründet sei: So haben laut dem Virologen Professor Dr. Hendrik Streeck, Studien gezeigt, dass eine durchgemachte Infektion einen ebenso langen Schutz vor einer Reinfektion biete wie eine Impfung. Auch biete eine Infektion einen sehr guten und mindestens ebenso langen Schutz vor einem künftigen schweren Verlauf im Vergleich zur Impfung. Genesene mit Impfung hätten sogar einen überlegenen Immunschutz. Insofern könnte über eine Verlängerung des Genesenenstatus nachgedacht werden.

Weder Impfung noch Infektion schützt vor Reinfektion

Der Lungenspezialist Dr. Thomas Voshaar betonte, in der Medizin gebe es streng genommen keine zeitliche Befristung für Genesene. Dies sei eine rein regulatorische Maßnahme, die damals getroffen worden sei. Entscheidend sei, schwere Verläufe und den Tod durch das Virus zu verhindern. Der Schutz vor einem schweren Verlauf finde in hervorragender Weise durch Impfungen statt wie auch durch eine durchgemachte Erkrankung, die Genesung. Aus seiner Sicht gebe es keinen Grund, Genesene schlechter zu stellen als Geimpfte. Mit Blick auf die 90-Tage-Regel gab Voshaar zu bedenken, dass vielen Menschen unklar sei, was sie eigentlich tun sollten, wenn der Genesenenstatus offiziell ablaufe.

Auch aus Sicht der Gesellschaft für Virologie (GfV) spricht nichts dagegen, die durch Infektion erworbene Immunität mit Geimpften gleichzusetzen. In der jetzigen Lage schütze weder eine durchgemachte Infektion noch eine Impfung vor einer möglichen Reinfektion. Nach einem Durchbruch könne das Virus weitergegeben werden. Es mache keinen Sinn, sich mit der 90-Tage-Regelung von den Nachbarstaaten abzugrenzen, wo die Lage ganz ähnlich sei wie in Deutschland.