Nebeneinkünfte

Focus: Spahns Lobbyfirma APOTHEKE ADHOC, 26.11.2012 13:28 Uhr

Auf beiden Seiten? Weil der CDU-Gesundheitsexperte an einer Lobbyfirma beteiligt war, steht er nun unter Druck. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Als DocMorris/Celesio vor fünf Jahren das Thema Apothekenketten vor den

Europäischen Gerichtshof (EuGH) gepeitscht hatten, kam auf Betreiben

des Stuttgarter Pharmahändlers auch eine öffentliche Debatte in Gang. Im

Juni 2008 meldete sich auch der heutige gesundheitspolitische Sprecher

der Union, Jens Spahn (CDU), zu Wort: Gemeinsam mit dem FDP-Politiker

Jorgo Chatzimarkakis machte sich Spahn im Handelsblatt für ein

Lizenzsystem für Apotheken als Ersatz zum Fremdbesitzverbot stark. Dass

diese Idee 1:1 einem Vorschlag aus der Stuttgarter Konzernzentrale

entsprach, mag Zufall oder Einflüsterung gewesen sein – oder Geschäft.

Wie der „Focus“ jetzt enthüllt, war Spahn damals zusammen mit seinem

ehemaligen Bürochef Markus Jasper und dem damaligen Celesio-Lobbyisten Max

Müller an einer Firma beteiligt, die wiederum Anteile an einer PR-Firma hielt.

Im April 2006 hatten Spahn, Jasper und Müller die PR-Agentur Politas gegründet. Jasper habe sich selbstständig machen wollen und ihn um Unterstützung bei der Finanzierung des Stammkapitals gebeten, so der Politiker heute. Weil der Jugendfreund einen „schrittweisen“ Übergang wünschte, habe er danach weiter in Teilzeit für Spahn gearbeitet – allerdings im Wahlkreisbüro in Münster und damit unter räumlicher und inhaltlicher Trennung, wie Spahn beteuert.

Sein eigenes Engagement hatte Spahn – „aus Gründen der Praktikabilität und nach ausführlicher rechtlicher Beratung“ – über eine Treuhänderkonstruktion geregelt. So wusste die Öffentlichkeit bis jetzt nichts davon, denn auch beim Bundestag wurde das Lobbyprojekt nicht gemeldet – da es sich nur um eine Minderheitsbeteiligung über 25 Prozent gehandelt habe und er ansonsten nicht für die Gesellschaft tätig gewesen sei, so Spahn.

Mit der Ernennung zum gesundheitspolitischen Sprecher nach der Bundestagswahl 2009 habe er die Beteiligung ohnehin komplett beendet – um den Eindruck möglicher Interessenkonflikte zu vermeiden. Auch Jasper und Müller sind heute nach den offiziellen Unterlagen nicht mehr dabei: Jasper ist Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes Borken, dessen Vorsitzender Spahn ist. Müller war im Frühjahr von Celesio zu Rhön Klinikum gewechselt, ist dort aber auch weg.

„Einen Interessenkonflikt hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben“, versichert Spahn, der – anders als sein SPD-Pendant Professor Dr. Karl Lauterbach – sogar seine Aufsichtsratsmandate niederlegte. Zum damaligen Kundenkreis von Politas kann sich der Politiker nach eigenem Bekunden nicht äußern, da er ins operative Geschäft nicht eingebunden gewesen sei.

Auch wenn also nichts dran sein sollte am Vorwurf, auf beiden Seiten des Schreibtisches aktiv zu sein – für Apotheker lohnt sich der Blick zurück ins Jahr 2008 trotzdem: Im Januar heuerte Müller – selbst ehemaliger CDU-Referent – bei Celesio an und eröffnete das Berliner Büro des Konzerns. Im Februar legte Spahn – neben anderen prominenten Gesundheitspolitikern – in Stuttgart einen Auftritt bei einer Podiumsdiskussion zum Thema hin. Ausrichter war Celesio. Im Juni dann der Gastbeitrag im Handelsblatt.

Als Generalanwalt Yves Bot die Öffentlichkeit mit seinen Schlussanträgen überraschte, hörte man zum Thema nichts mehr von Spahn; 2009 erklärte er die Debatte für beendet. Nur sein alter Co-Autor Chatzimarkakis stänkerte noch am Tag vor der Urteilsverkündung gegen die Apotheker, den Generalanwalt und das EU-Gericht.