Lieferengpässe 2020

Candesartan bleibt Engpass-Champion APOTHEKE ADHOC, 21.04.2021 12:28 Uhr

Mangelware: Candesartan war auch 2020 das Arzneimittel mit den meisten Lieferengpässen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die Zahl der aufgrund von Lieferengpässen nicht abgegebenen Arzneimittelpackungen ist vergangenes Jahr leicht gesunken: Einer Auswertung des Deutschen Arzneiprüfungsinstitutes (DAPI) zufolge waren 16,7 Millionen Rabattarzneimittel nicht verfügbar. Im Vorjahr waren es noch 18 Millionen. Die mit Abstand meisten Probleme verursachte Candesartan.

„Damit blieben die Lieferengpässe in Apotheken auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr“, so die Abda. Die DAPI-Auswertung bezieht sich nur auf Verordnungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die am stärksten betroffenen Arzneimittelgruppen waren laut Abda Blutdrucksenker, Magensäureblocker und Schmerzmittel. Trauriger Spitzenreiter war der Blutdrucksenker Candesartan mit 2,1 Millionen Packungen. Es folgen Metformin und Pantoprazol mit je 0,7 Millionen Packungen, Ibuprofen mit 0,6 Millionen und Metoprolol mit 0,5 Millionen Packungen. Insgesamt wurden 2020 etwa 643 Millionen Arzneimittel in Deutschland auf Rezept zulasten der GKV abgegeben.

Allerdings, so lobt die Abda, habe sich seit April 2020 „eine gewisse Entschärfung der Problematik“ ergeben, da Apotheken seitdem vom Gesetzgeber einige Erleichterungen bei der Auswahl von Ersatzmedikamenten zugestanden wurden. „Die Corona- Gesetzgebung hat den Apotheken bei Lieferengpässen geholfen, die Patienten schneller mit Austauschpräparaten zu versorgen“, so der DAV-Vorsitzende Thomas Dittrich. Die damals eingeführte Sars-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung gebe den Apotheken mehr Flexibilität, mit der sie auch sehr verantwortungsvoll umgehen würden. „Diese pharmazeutische Beinfreiheit beim Einsatz vorrätiger Medikamente sollte unabhängig von der Pandemie erhalten bleiben“, fordert Dittrich. „Lieferengpässe waren schon vor Corona da, und es wird sie auch danach geben.“

Andererseits seien Abgabe und Austausch durch die Pandemie durchaus erschwert worden. „Die Apotheken betreiben jeden Tag einen großen personellen und logistischen Aufwand, um ihre Patienten mit gleichwertigen Austauschpräparaten zu versorgen, wenn ein bestimmtes Medikament eines bestimmten Herstellers nicht lieferbar ist“, so Dittrich. „Seit Beginn der Corona-Pandemie vor mehr als einem Jahr ist das besonders herausfordernd, da zusätzlich auch noch die Kontakte reduziert, also wiederholte Apothekenbesuche vermieden werden sollten.“

Immerhin hat sich die Situation 2020 nicht weiter verschärft. Das Jahr zuvor sah das noch ganz anders aus: Da meldete das DAPI eine Verdopplung der Lieferengpässe auf 18 Millionen, von 9,3 Millionen im Vorjahr. Im Jahr 2017 lag die Zahl gar noch bei 4,7 Millionen Packungen. Die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Arzneimittelpackungen ist über den Zeitraum von 2017 bis 2019 relativ stabil bei rund 650 Millionen geblieben und erst im vergangenen Jahr auf 643 Millionen leicht gesunken. Zumindest teilweise könnte sich die geringfügige Abnahme der Lieferengpässe 2020 auch dadurch erklären. Laut Abda werden nur Rabattarzneimittel berücksichtigt, weil dort das Rezept entsprechend gekennzeichnet ist. Das wahre Ausmaß von Lieferengpässen werde deshalb sogar noch unterschätzt, so die Abda vergangenes Jahr.

Verschärft hat sich der Engpass im Vergleich zum Vorjahr bei Candesartan: 2019 konnten von dem Blutdrucksenker noch 1,8 Millionen Packungen nicht abgeben werden, rund 300.000 weniger als vergangenes Jahr. Auf den Plätzen danach hat sich seitdem alles geändert: 2020 folgten auf Candesartan noch das Gichtmittel Allopurinol mit 0,8 Millionen Packungen, Valsartan mit 0,8 Millionen Packungen sowie Venlafaxin mit 0,7 Millionen und Diclofenac mit 0,7 Millionen Packungen.

Mit dem Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG) hatte der Gesetzgeber im Frühjahr 2020 erste Maßnahmen gegen Lieferengpässe beschlossen. Pharmaunternehmen können demnach verpflichtet werden, über ihre Bestände und die Produktion bestimmter Arzneimittel zu informieren. Bei Engpässen können die Behörden anordnen, dass die Firmen oder Großhändler mehr dieser Präparate auf Vorrat lagern.