Freie Apotheker kritisieren Kabinettsbeschluss

Apotheken erst systemrelevant, dann abgeschossen APOTHEKE ADHOC, 24.08.2020 16:59 Uhr

Reinhard Rokitta, Vorstandsmitglied beim Verein Freie Apothekerschaft, kritisiert den Kabinettsbeschluss gegen das RxVV. Foto: Freie Apotheker
Berlin - 

Die Bundesregierung lehnt das vom Bundesrat geforderte Rx-Versandverbot ab. Die entsprechende Gegenäußerung des Kabinetts kritisiert der Verein Freie Apothekerschaft scharf: Die Koalition sei unzuverlässig, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) machthungrig und verliebt in die Holland-Versender.

Die Freie Apothekerschaft hält die Entscheidung des Kabinetts gegen das RxVV für ein „fatales Zeichen“, da eine „persönliche Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort mit Gesprächen, Beratung und Hinwendung zum Patienten so mit Füßen getreten wird und durch ein unpersönliches Liefern ersetzt werden soll“.

Der Bundesrat sieht im Rx-Versandverbot die beste Möglichkeit, den Folgen des EuGH-Urteils von 2016 zu begegnen. Seitdem müssen sich ausländische Versandapotheke nicht mehr an die Preisbindung halten. Doch das Kabinett lehnt dies ab und verweist auf verfassungs- und europarechtiche Bedenken – ohne diese näher zu benennen.

„Wie einen dummen Jungen“ lasse das Kabinett den Bundesrat aussehen, kritisieren die Freien Apotheker. Denn die vermeintlichen rechtlichen Bedenken würden „hingebogen und passend gemacht – passend für einen Bundesgesundheitsminister Spahn, der aus seiner Liebe zu den Hollandversendern keinen Hehl macht und jegliches Maß hinsichtlich einer zuverlässigen Patientenversorgung durch die öffentlichen Apotheken verloren zu haben scheint“, so der Verein.

Vorstandsmitglied Reinhard Rokitta sieht im Verhalten der Regierung einen Angriff auf die Grundwerte der Gesellschaft: „Die Politik hat die zunehmende Gefahr für den Handel durch das Internet erkannt, fördert aber in einem Atemzug den Versand mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch ausländische Konzerne und Aktiengesellschaften. Wie andere Entscheidungen im Gesundheitswesen ist auch diese absolut nicht zu verstehen“, so der Apotheker.

Ein „anscheinend machthungriger Bundesgesundheitsminister“ lasse mit der baldigen Einführung des E-Rezepts die Aktienkurse ausländischer Investoren in die Höhe schnellen, die an den großen Hollandversendern beteiligt sind.

Rokitta kritisiert die Unzuverlässigkeit des Ministers und der Politik insgesamt: „Erst sind die Apotheken systemrelevant, dann werden sie abgeschossen. In der Pflege wurde das ja bereits ähnlich vollzogen, und große Teile der Ärzteschaft sind bekanntermaßen ebenfalls nicht gut auf Herrn Spahn zu sprechen.“