Standesvertretung

ABDA sucht Retax-Präventionisten Lothar Klein, 29.06.2016 13:55 Uhr

Berlin - 

Nach jahrelangem und nervenaufreibenden Streit um Retaxationen mit den Krankenkassen will sich jetzt auch die ABDA des Themas intensiver annehmen. In der Vertragsabteilung soll sich künftig ein Jurist um Retax-Prävention kümmern. Nach Diagnose der ABDA mangelte es in der Vergangenheit nämlich am Informationsaustausch zwischen Apothekern, Ärzten und Krankanhausärzten. Für den Retax-Juristen ist im ABDA-Haushalt 2017 eine neuen Stelle vorgesehen. Die ABDA-Mitgliederversammlung muss diesem Vorschlag bei der morgigen Mitgliederversammlung noch zustimmen.

„Das normkonforme Verhalten des verordnenden (Krankenhaus)Arztes wird zunehmend bedeutender für die versorgende Apotheke“, heißt es zur Begründung der Personalaufstockung. Für ärztliche Fehler beim Ausstellen der Verordnung würden seitens der Krankenkassen die Apotheken verantwortlich gemacht. Häufige Folge seien „Vollabsetzungen“. „ABDA und DAV müssen verstärkt auf die organisierte Ärzteschaft und deren Dienstleister einwirken, zum Beispiel mit dem Ziel der Verwendung korrekter Software“, so die ABDA-Vorlage. In Bezug auf die Vertreter der Krankenhäuser gelte dies in noch höherem Maße wegen des neuen Entlassmanagements.

Allerdings finde „ein Austausch zwischen dem DAV einerseits und KBV, DKG sowie angeschlossenen Dienstleistern andererseits“ bisher kaum statt, „weil es an den dazu erforderlichen Ressourcen fehlt“, diagnostiziert die ABDA das Versäumnis. Daher wäre der „Ausbau dieser Beziehungen“ sinnvoll, weil sich „zahlreiche im Verhältnis zu den Krankenkassen festgestellte Probleme nur durch Einflussnahme auf Ärzteschaft und Krankenhäuser lösen lassen“.

Der Jurist soll sich zudem um Verhandlung und Betreuung von Hilfsmittelversorgungsverträgen kümmern und das Apotheken-A bei Nicht-Verbandsmitgliedern, bei Unternehmen und „sonstigen Dritten“ gegen Lizenzgebühren vermarkten.

Zusätzlichen Personalbedarf reklamiert die ABDA auch für weitere Abteilungen: Insgesamt sollen vier Mitarbeiter eingestellt werden, darunter ein Pharmazeut, der sich um Dienstleistungsverträge mit den Krankenkassen kümmern soll. „Dieses neue Aufgabenfeld entwickelt sich stetig und nimmt erhebliche Ressourcen in Anspruch“, so die ADBA.

Wer die bisher zurückhaltende Informationspolitik der ABDA kennt, wundert sich über den Vorschlag, einen weiteren Mitarbeiter für die Öffentlichkeitsarbeit einzustellen. Diese soll die Außendarstellung der ABDA gegenüber Medien, Fachöffentlichkeit und Politik intensivieren, lautet die Begründung. Zu diesem Zweck soll für 2017 ein „Newsroom“ geschaffen werden, der tagesaktuell über die Arbeit der Organisation berichtet. Außerdem sollen wie bislang zwei Millionen Euro für Kampagnen investiert werden, die im Wahljahr stärker politisch ausgerichtet sein sollen.

Insgesamt plant die ABDA für 2017 mit Kosten im regulären Haushalt von 17,7 Millionen Euro, das sind zwar nur 3 Prozent mehr als im laufenden Jahr, aber 10 Prozent mehr als 2015. Die Personalkosten steigen wegen der Neueinstellungen um 5 Prozent, weil schon im laufenden Jahr in Köpfe investiert wird, liegt die Differenz zu 2015 bei 18 Prozent. Dass dies nicht im Haushalt durchschlägt, liegt an Einsparungen bei den Sachkosten: Die vor Jahren angemieteten externen Büroflächen konnte die ABDA offenbar zumindest teilweise zurückgeben.

16,3 Millionen Euro hatte die ABDA im vergangenen Jahr zur Verfügung. Das Geld kam vor allem von den Mitgliedsorganisationen (14,8 Millionen Euro), weitere 5 Millionen Euro musste die Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker (WUV) abliefern, entsprechend 4,7 Millionen Euro nach Steuern. Kleinere Positionen machen Zinserträge sowie Mietzahlungen und Dienstleistungsgebühren der wirtschaftenden Töchter, vor allem WUV und Govi-Verlag, und sonstige Einnahmen aus.

7,9 Millionen Euro wurden für Personal ausgegeben, 300.000 Euro mehr als geplant. 3,7 Millionen Euro verschlang der Bereich Öffentlichkeitsarbeit, 236.000 Euro mehr als veranschlagt. 1,6 Millionen Euro wurden an den Govi-Verlag für das Zwangsabo der Pharmazeutischen Zeitung (PZ) überwiesen, das in den Mitgliedsbeiträgen enthalten ist. Weitere 1,25 Millionen Euro gingen für Mitgliedschaften und Projekte drauf. Auf 2,1 Millionen Euro summierten sich schließlich die Sachkosten.

Auf der Seite der Vermögensverwaltung konnte der finanzielle Aderlass durch umfangreiche Umbaumaßnahmen im Mendelssohn-Palais gestoppt werden. Erhebliche Kosten verursachte aber im vergangenen Jahr der Umzug aus dem zum Verkauf stehenden Apothekerhaus in der Jägerstraße in das Zwischenquartier im Lindencorso. Der Um- und Ausbau der Bürofläche an Berlins Touristenmeile „Unter den Linden/Ecke Friedrichstraße“ verschlang 1,45 Millionen Euro. Bezogen auf 3740 Euro Bürofläche verschlang die Maßnahmen knapp 390 Euro pro Quadratmeter.