Vielversprechende Covid-Therapien

Antikörper und Interferone: Was folgt auf Remdesivir? Alexandra Negt, 10.02.2021 15:08 Uhr

Bislang mangelt es an ausreichend Covid-Therapiemöglichkeiten. 19 Forschungsprojekte werden aktuell vom Bund unterstützt. Ein Medikament befindet sich im Zulassungsverfahren. Foto: Gorodenkoff/ Shutterstock.com
Berlin - 

Remdesivir (Veklury, Gilead) hat bisher als einziges Mittel eine europäische Zulassung in der Indikation Covid-19. Ein Dexamethason-haltiges Arzneimittel befindet sich aktuell in einem europäischen Zulassungsverfahren. Zu den vielversprechensten Wirkstoffkandidaten gehören aktuell monoklonale Antikörper (MAK) und Interferone. In den USA erhielten zwei weitere MAK heute die Zulassung.

Zahlreiche Wirkstoffe gerieten seit Beginn der Pandemie aufgrund einer vermeintlichen Wirkung gegen Sars-CoV-2 in die Schlagzeilen. Tatsächlich zugelassen wurde bisher nur ein Mittel – Veklury enthält den virostatischen Arzneistoff Remdesivir. Der Hersteller Gilead erhielt eine Notfallzulassung für das Medikament. Wenige Monate nach der Notfallzulassung wird Kritik am Einsatz von Remdesivir laut. Ein Expertengremium der WHO sei nach eingehender Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass das Mittel „keinen bedeutenden Einfluss auf die Sterblichkeit oder andere wichtige Wirkungen auf Patienten hat, wie den Bedarf künstlicher Beatmung oder die Zeit bis zu einer Besserung“, schrieb die Fachzeitschrift „British Medical Journal“. Zudem sei noch nicht ausgeschlossen, dass das Medikament auch Schaden anrichten könnte. Dazu kämen die hohen Kosten.

Antikörper und Interferone

In den USA sind bereits mehrere MAK zur Therapie von Covid-19 zugelassen. Bamlanivimab von Lilly erhielt im November Zulassung. Angewendet werden kann der Antikörper bei Kindern ab zwölf Jahren und einem Körpergewicht von mindestens 40 Kilogramm. Der Arzneistoff soll nur bei Patienten mit leichten und mittelschweren Verläufen von Covid-19 eingesetzt werden. Auch der Antikörper-Cocktail von Regeneron erhielt in den USA bereits die Notfallzulassung. Casirivimab und Imdevimab führen dem Hersteller zufolge zu einer Reduzierung der Viruslast, also der Menge an nachweisbaren Viren, und zu einem rascheren Abklingen der Symptome. Am stärksten profitierten demnach diejenigen Probanden, deren Immunsystem noch keine eigenen Antikörper gegen das Virus gebildet hatte. Die Antikörper richten sich gegen zwei Regionen des Spike-Proteins auf der Oberfläche des Sars-CoV-2-Virus.

Nun hat die FDA die Anwendung von weiteren MAK erlaubt. Mittels Notfallzulassung wurde die Therapie mit Bamlanivimab und Etesevimab bei Personen über zwölf Jahren mit einem Mindestgewicht von 40 kg Körpergewicht zugelassen. Lilly erhält somit die zweite Notfallzulassung für MAK bei Covid-19 in den USA. Patienten, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben, können von der Antikörper-Therapie profitieren. In der zulassungsrelevanten Studie konnte gezeigt werden, dass das Risiko einer Hospitalisierung durch eine einmalige Infusion signifikant gesenkt werden kann. Auch die Sterberate sank. Die MAK-Kombination ist allerdings nicht zur Anwendung bei bereits hospitalisierten Patienten zugelassen. Auch Betroffene mit schweren Verläufen, die bereits maschinell beatmet werden, sollen nicht mit Bamlanivimab und Etesevimab behandelt werden. MAK können hier zu schlechteren klinischen Ergebnissen führen.

In Europa prüft die Europäische-Arzneimittel-Agentur (EMA) aktuell das Präparat von Regeneron. Bislang sind noch keine Antikörper in der EU zugelassen. Der EMA zufolge deutet eine der Studien darauf hin, dass das Mittel die im Blut vorhandene Menge an Corona-Viren reduzieren kann. Es sei aber noch zu früh, um Schlussfolgerungen über das Verhältnis von Nutzen und Risiken zu ziehen. Casirivimab und Imdevimab werden als passiver Impfstoff zur Vorbeugung von Covid-19 bei Menschen mit hohem Blutdruck erprobt. Die Behandlung ist bei leichten und mittleren Erkrankungsverläufen von Covid-19 indiziert. Auch Patienten mit einem Risiko für die Entwicklung von schweren Covid-Symptomen können mit dem Antikörper-Cocktail behandelt werden.

Therapieansätze mit neutralisierenden Antikörpern klingen vielversprechend. Humane Antikörper gegen Sars-CoV-2 für die Prophylaxe und Therapie von Covid-19 werden acuh im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie und dem Deutschen Primatenzentrum untersucht. Das Ziel des Projektes ist es, humane Antikörper gegen Sars-CoV-2 zu gewinnen. Neben Antikörpern aus bereits genesenen Covid-Patienten werden die Antikörper aus speziellen Mäusen generiert. Die Tiere sind so behandelt, dass sie die gleichen Antikörper wie der Mensch aufweisen. Die Überprüfung der Wirksamkeit und Sicherheit der Antikörper erfolgt im Mausmodell und in Rhesusaffen.

Daten zu Interferonen noch unzureichend

Auch Interferone könnten bei der Covid-Therapie interessant werden. Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung untersucht die Eignung von Typ-III-Interferon als Therapeutikum gegen Covid-19. In einem humanen Zellkulturmodell soll die antivirale und immunmodulatorische Wirkung bestimmt werden. Bei einer Infektion kommt es zur viralen Replikation in den Epithelzellen der Lunge. Dabei wird das angeborene Immunsystem, insbesondere die Interferone des Typs I und III, aktiviert. Das Ziel der Studie ist es aufzuzeigen, ob bestimmte Interferone als Therapie bei Covid-19 geeignet sind. Die Laufzeit der Studie ist bis zum 31. Dezember angegeben. Die bisherigen Studienergebnisse zu Interferonen sind relativ uneindeutig. In manchen Studien schienen sie das Beatmungsrisiko zu senken und einen stationären Aufenthalt zu reduzieren. In anderen Studien konnte die Gabe der Stoffe keine Vorteile zeigen. Wissenschaftler vermuten, dass es ausschlaggebend ist, in welchem Krankheitsstadium die Interferone gegeben werden.