Mehrere Gehirnareale betroffen

Alzheimer: Krankheitsverlauf anders als bisher angenommen Alexandra Negt, 05.11.2021 08:59 Uhr

Neue Details aus der Alzheimerforschung zeigen, dass die Entwicklung der Krankheit anders verläuft, als bisher angenommen. Foto: Atthapon Raksthaput/Shutterstock.com
Berlin - 

Der Krankheitsverlauf des Morbus Alzheimer scheint anders zu sein als bisher angenommen. Ein Forscherteam der University of Cambridge hat herausgefunden, dass nicht nur ein Gehirnareal Ausgangspunkt für die Ausbreitung der Tau-Aggregationen ist, sondern dass diese Zusammenschlüsse an mehreren Stellen gleichzeitig auftreten. 

Bislang existiert keine spezifische Therapie gegen Alzheimer die das Fortschreiten komplett stoppt. Immer wieder scheitern Wirkstoffkandidaten in den klinischen Phasen-I und -II. Das könnte auch daran liegen, dass die Ursachen und Auslöser des Leidens bislang nicht vollständig aufgeklärt wurden. Auch der Krankheitsverlauf ist nicht im Detail geklärt. Forscher:innen der University of Cambridge zeigen nun, dass Mediziner:innen bislang von einer falschen Ausbreitung im Gehirn ausgegangen sind.

Mehrere Entstehungsorte

In der Arbeit, die in der Zeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht wurde, zeigen die Wissenschaftler:innen, dass sich die für die Alzheimer-Krankheit typischen toxischen Protein-Ansammlungen bereits sehr früh ausbreiten und zwar ausgehend von mehreren Stellen. Zwei Proteine, die im Zusammenhang mit der Krankheit stehen sind Tau und Beta-Amyloid, diese reichern sich im Gehirn an. Die im Folgenden entstehenden Aggregate führen zum Absterben von Gehirnzellen.

Bislang ging man davon aus, dass Alzheimer analog wie eine Krebserkrankung lediglich einen Ursprungsort hat. Von hieraus vermutete man eine Streuung der Aggregate. Doch diese Annahme konnten die Wissenschaftler:innen nun wiederlegen. Es können mehrere Gehirnregionen gleichzeitig erkranken. Die Studie soll dazu beitragen, wirksamere Therapie zu entwickeln. Durch die medizinische Verlangsamung der Ausbreitung der Tau-Proteine könnte das Fortschreiten des Gedächtnisverlustes verlangsamt werden, vermuten die Forscher:innen.

Zuletzt wurde durch die Zulassung von Aduhelm (Aducanumab, Biogen) in den USA neue Hoffnung geweckt. Die FDA ließ den Antikörper im Juni zu. Doch eine tatsächliche Wirksamkeit bestätigte die US-Arzneimittelbehörde nicht. Stattdessen forderte sie vom Hersteller die Nachreichung weiterer Studienergebnisse. Aduhelm wurde in zwei Phase-III-Studien getestet. Rund 3200 Proband:innen nahmen an den Studien teiln. Die Ergebnisse waren widersprüchlich. Zwischenzeitlich wurden die Studien abgebrochen, da Biogen das Erreichen der Endpunkte für unwahrscheinlich hielt. Wenige Monate später wurden diese jedoch wieder aufgenommen, da nun doch eine Wirksamkeit vermutet wurde. In der Emerge-Studie wurde eine Wirkung von Aducanumab gezeigt. In der Engage-Studie blieb ein Wirksamkeitsbeleg aus.