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Des Professors Kuschelsocken Alexander Müller, 01.03.2014 10:05 Uhr

Berlin - 

Der Nachfolger von Horst Köhler ist unschuldig, der Nachfolger von Andreas Köhler ist Orthopäde und Gerd Glaeske ist Gerd Glaeske. Bärenkuschelsocken taugen als Zankapfel und die SPD will die Apotheker vor der Union beschützen – eine verrückte Woche.

Hilde Mattheis (SPD) glaubt an die Apotheker: Erstens könnten sie zur Pille danach bestens beraten und zweitens kämen sie nicht gleich mit der Moralkeule wie so mancher Doc. Jetzt muss die SPD nur noch ihren Koalitionspartner überzeugen. Bei der Anhörung zur PiDaNa im Bundestag wurde recht deutlich, dass die Große Koalition noch ein paar teambildende Maßnahmen benötigen wird.

Der neue Celesio-Eigentümer McKesson hat sich auf dem Heimatmarkt USA eine Kette gesichert: Künftig werden 4000 Filialen von Rite Aid exklusiv beliefert. Aber dass ist alles so weit weg und so selbstverständlich, dass sich darüber niemand mehr aufregt. Celesio könnte mal wieder eine richtig tollkühne Aktion starten und den treuen DocMorris-Apothekern als neues Konzept McKette anbieten.

Rx-Boni sind zu einem Hobby der Richter am Bundesgerichtshof (BGH) geworden. In Karlsruher galten Apothekentaler eine zeitlang als Ersatzwährung. Aber der Wechselkurs fällt stetig: Der BGH hat nun endgültig verkündet, dass für ausländische Versandapotheken dieselben Gesetze gelten wie für alle anderen. Es nützt auch nichts, wenn man so tut, als wäre man in den Niederlande gewesen, um sich dort seinen Vorteil abzuholen.

Das Ende vom Lied? Kaum. Umgehungsversuche mit Fragebögen wurden schon abgeschossen, jetzt könnte der Streit um geringwertige Kleinigkeiten weitergeführt werden. Da ist der Name Programm. Hoffentlich muss sich der BGH nie mit Kuschelsocken befassen – das wäre irgendwie unwürdig.

Zumal die Apothekerlobby sowieso viel zu großen Einfluss auf Gerichtsurteile hat. Findet jedenfalls Gerd Glaeske. Der entwickelt allmählich einen Bender-Komplex: Er kann sich nicht mehr über Gesundheitspolitik äußern, ohne die Apotheker zu provozieren.

Darin allerdings nähert er sich der Perfektion: Apotheken sind zu teuer, ihre Lobby diktiert, den Kunden werden sinnlose OTC-Arzneimittel aufgeschwatzt, die Beratung ist schlecht, Apotheker sind bequem und Ketten in Ordnung – alles in einem Interview zu Rx-Boni. Nicht schlecht.

Gut oder schlecht – bei Zahlen ist das Auslegungssache: Die Wahlbeteiligung von 71,5 Prozent bei der jüngsten Bundestagswahl war besser als vier Jahre davor, trotzdem der zweitschlechteste Wert. In den USA wären beide Ergebnisse Sternstunden der Demokratie: Über 70 Prozent war die Beteiligung dort zuletzt im Jahr 1900. Ob ein Ergebnis besser ist als erwartet, hängt immer auch von der Erwartungshaltung ab. Die ABDA ist mit 4200 Leitbild-Apothekern zufrieden. Es gibt Menschen, die das anders sehen.

Krönungsmesse bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): Dr. Andreas Köhler übergibt an Dr. Andreas Gassen. Die Politik hatte sich zuletzt etwas genervt gezeigt von dem ewigen Streit der Fach- und Hausärzte, jetzt soll es ein gelernter Orthopädie – nun ja – richten. Dass Gassen auch Unfallchirurg ist, ist für die politische Vertretung der Ärzteschaft hoffentlich kein böses Omen.

Gassens Amtsantritt war gleich umbrandet von der neu entfachten Debatte um den Ärztemangel. Die Krankenkassen finden, dass es zu viele Einzelpraxen gibt und zu wenige Hausärzte. Die Ärzte sagen, daran seien die Kassen selbst schuld. Und die Apotheker sagen dazu gar nichts, was schade ist, weil es sie auch betrifft.