PKV-Abrechnung

Zwangsrabatt senkt Steuerlast APOTHEKE ADHOC, 05.04.2018 11:59 Uhr

Keine Steuer auf den Abschlag: Pharmahersteller müssen keine Umsatzsteuer auf Zwangsrabatte für die PKV zahlen. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Boehringer Ingelheim hat sich in einem juristischen Streit gegen das Finanzamt durchgesetzt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass der Herstellerabschlag auch in der privaten Krankenversicherung (PKV) die Steuerlast mindert.

Seit Anfang 2011 haben auch die PKVen Anspruch auf den Zwangsrabatt der Pharmafirmen. Boehringer hatte den Abschlag bei der Umsatzsteuererklärung vom zu versteuernden Umsatz abgezogen. Weil der 6-prozentige Herstellerrabatt aber nicht wie bei den Krankenkassen über die Apotheken eingezogen wird, hatte das zuständige Finanzamt widersprochen.

Argument des Fiskus war, dass eine Entgeltminderung aufgrund des Rabatts eine Lieferkette voraussetzt, die zwischen Rabattgewährendem und Rabattempfänger bestehen muss. Das gilt jedoch nur bei der Rabattgewährung an die Krankenkassen. Denn rechtlich gesehen sind sie die Käufer der Medikamente und geben sie dann an ihre Versicherten weiter – die Apotheke stellt der Krankenkasse einen um den Abschlag verminderten Preis in Rechnung. Diese Differenz wiederum holen die Rechenzentren beim Hersteller zurück.

Ein privat versicherter Patient hingegen erwirbt die Medikamente formell zum vollen Preis selbst und bekommt das Geld dann von seiner PKV zurück – die Lieferkette endet also noch vor dem Versicherungsunternehmen. Erst der Versicherer kann dann verlangen, dass der Hersteller ihm den Betrag des Abschlags zurückzahlt. Die Abwicklung übernimmt die beim PKV-Verband in Köln angesiedelte „Zentrale Stelle zur Abrechnung von Arzneimittelrabatten“ (Zesar).

Diese Regelung, die sich aus dem sozialversicherungsrechtlichen Sachleistungsprinzip ableitet, führte jedoch dazu, dass Pharmaunternehmen Umsatzsteuer auf den Betrag vor Rabattgewährung zahlen mussten, obwohl sie de facto weniger eingenommen hatten.

Dagegen hatte sich Boehringer gewehrt. Der Fall ging bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der im Dezember zugunsten von Boehringer entschied. Der BFH entschied entsprechend ebenfalls zugunsten Pharmakonzerns. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen das Urteil für das Unternehmen hat, konnte Boehringer noch nicht sagen.

Das Urteil ist nur der letzte Akt in einer Reihe von Auseinandersetzungen um das Arzneimittelrabattgesetz (AMRabG). So war Novartis 2014 vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth gegen den Versicherer Signal Iduna unterlegen – der Konzern wollte sich gegen die Regelung zur Wehr setzen, dass die Herstellerrabatte auch an PKVen gezahlt werden müssen.

Zuvor hatte Desitin in einem Musterprozess – stellvertretend für die gesamte Branche – gegen die Bayerische Beamtenkrankenkasse geklagt. Aus Sicht des Unternehmens stellt der Zwangsabschlag einen „nicht verfassungskonformen Eingriff in die unternehmerische Freiheit eines privatwirtschaftlichen Unternehmens zu Gunsten eines anderen privatwirtschaftlichen Unternehmens“ dar. Die Richter des Landgerichts München I teilten diese Einschätzung aber nicht: Sie entschieden, dass der Gesetzgeber auch Privatunternehmen schützen dürfe, wenn es um einen bezahlbaren Krankenversicherungsschutz gehe.