Kammer verteidigt Rezepturtest

„Problemrezeptur“ Erythromycin: Apotheke beschwert sich Carolin Ciulli, 13.05.2022 10:30 Uhr

Rezeptur durchgefallen: Eine Apotheke aus Bayern beschwert sich über Erythromycin im Pflicht-Ringversuch der Kammer. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

In Bayern müssen Apotheken seit 2019 an Rezeptur-Ringversuchen teilnehmen. Die Landesapothekerkammer (BLAK) will so nach ernüchternden Testkäufen die Qualität der Herstellung sichern. Als erste Rezeptur wird seitdem eine Erythromycin-Creme gefordert. Eine Apotheke aus Oberfranken schickte unlängst ihre Zubereitung an das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL), fiel jedoch damit durch. Die Inhaberin kritisiert die Rezepturauswahl und beschwerte sich. Die Kammer erklärt und verteidigt das Vorgehen.

Die Kammer in Bayern fordert Apotheken seit fast drei Jahren auf, die halbfeste Zubereitung Erythromycin 1 % in Basiscreme DAC ad 20,0 g herzustellen. Auch die Apotheke in Oberfranken wurde aufgefordert, die Rezeptur herzustellen und einzuschicken. Für die Inhaberin handelt es sich bei Erythromycin um eine schlechte Wahl. Der Wirkstoff sei „instabil“, kritisiert sie. „Da sind viele Unwägbarkeiten dabei. Das Ergebnis wird dann im DHL-Wagen ausgefahren und man weiß nicht, wie lange der in der Sonne stand.“

Ärger wegen Rezeptur-Auswahl

Die Apothekerin ist verärgert, denn sie ist mit ihrer Rezeptur durchgefallen. Sie beschwerte sich bei der Kammer und ließ sich dabei auch juristisch beraten. „Da hat man aber keine Chance“, sagt sie. Sie müsse erneut die gleiche Basiscreme liefern. Sie hätte sich eine andere Rezeptur gewünscht. Die Kosten für die erste Prüfung in Höhe von rund 150 Euro muss sie selbst zahlen.

Die Kammer selbst will sich zu berufsrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht äußern. Justiziar und stellvertretender Geschäftsführer Klaus Laskowski erklärt, dass jede Apotheke in Bayern die Rezeptur herstellen soll, „um das Verfahren gerechter und vergleichbarer zu gestalten“. Von einer „Problemrezeptur“ könne man angesichts der Zahlen nicht sprechen, betont er.

89 Prozent der Apotheken bestanden

Insgesamt hätten bereits rund 1700 der knapp 3000 bayerischen Apotheken die Erythromycin-Rezeptur abgegeben. Von diesen haben der Kammer zufolge durchschnittlich 89 Prozent die Rezeptur gleich beim ersten Versuch bestanden. Bei den übrigen hätten die meisten Apotheken fristgerecht – also innerhalb von sechs Monaten plus sechs Wochen – die erforderliche Rezepturqualität in einem der möglichen nachfolgenden weiteren Versuche hergestellt. „Solche Ergebnisse sind auch bei anderen Untersuchungen, etwa bei den ZL-Ringversuchen, die Norm, sodass die ausgewählte Rezeptur schon nach diesen statistischen Erhebungen keine „Problemrezeptur“ darstelle.

Das aktuelle Prozedere zur Überprüfung der Rezepturqualität durch die Kammer startete am 19. Juli 2019. „Die Auswahl der Rezeptur für den nachfolgenden Zeitraum von drei Jahren gründet auf einem Beschluss der Delegiertenversammlung“, erklärt Laskowski. „Dabei hat die Delegiertenversammlung, also 100 Apothekerinnen und Apotheker aus ganz Bayern mit überwiegend eigener Berufstätigkeit in einer öffentlichen Apotheke – zum Teil auch in einer Krankenhausapotheke, in Wissenschaft, Lehre und Verwaltung, also jeweils mit eigener praxisbezogener Berufserfahrung – unter mehreren vom ZL zur Auswahl gestellten Rezepturen die aktuell zum Einsatz kommende Rezeptur ausgewählt.“

Die Rezeptur Erythromycin 1 % in Basiscreme DAC ad 20,0 g werde hinsichtlich Arzneistoffidentität, Wirkstoffverteilung [g rel. Abweichung +/- 5,0 % vom Mittelwert], Wirkstoffgehalt zweier Einzelproben [g Gehalt oben/unten 90,0-110,0 %] sowie Aussehen [g gleichmäßig beschaffen, weich und weiß] überprüft. Die Stabilität wurde im Vorfeld durch entsprechende Testreihen vom ZL untersucht. Im Abstand von drei Monaten werden 250 zufällig ausgewählte Apotheken angeschrieben, die Rezeptur herzustellen.

Die Prüfung gilt nur als erfolgreich abgeschlossen, wenn ein positives Prüfergebnis innerhalb der angegebenen Frist erlangt werde. „Die erfolgreiche und fristgerechte Herstellung stellt eine Berufspflicht nach der Berufsordnung dar“, so Laskowski. Die Apotheken hätten für die erfolgreiche Herstellung sechs Monate Zeit. In den vergangenen zwei Jahren sei der Zeitrahmen pandemiebedingt um weitere sechs Wochen verlängert worden.

Berufsrechtliche Verfahren nur bei 3 Prozent

In lediglich 3 Prozent der Fälle komme es zu einer „berufsrechtlichen Würdigung“, weil die Apotheken entweder die erforderliche Rezepturqualität nicht fristgerecht erzielt oder die Herstellung komplett trotz entsprechender Erinnerungen nicht erledigt hätten. „Von berufsrechtlichen Erörterungen betroffen sind nach unserer Erfahrung übrigens meist die Apotheken, die erst auf eine der Erinnerungen gegen Ende der Frist die erste Rezeptur überhaupt hergestellt haben und dann durchgefallen sind, weil sie dann keine Zeit für einen weiteren Versuch hatten, was sicherlich nicht der BLAK anzulasten ist.“

Nur die Apotheken, deren „Erledigung“ ihrer „Berufspflichten“ weiterhin ausstünden, würden dann nochmals in einem der nächsten Turni von der Kammer angeschrieben, um eine Testrezeptur herzustellen. In diesem Sommer soll eine neue Rezeptur ausgewählt werden.