„Ich kenne keine Regelung“

Kostenlose Schnelltests: Prüfpflicht für Apotheken? APOTHEKE ADHOC, 09.03.2021 11:32 Uhr

Den ganzen Tag im Vollschutzanzug: In der Saxonia-Apotheke Dresden werden seit Montag wie am Fließband kostenlose Corona-Schnelltests durchgeführt. Foto: Christian Flössner
Berlin - 

Seit Montag haben Bürger formal einmal pro Woche Anspruch auf einen kostenlosen Corona-Antigen-Schnelltest. Allzu viele Apotheken bieten die noch nicht an, aber wer die Strukturen bereits hat, konnte direkt loslegen – so wie Christian Flössners Saxonia-Apotheke in Dresden. Wie nachgeprüft werden soll, ob jemand die erlaubte Menge kostenlose Tests überschreitet, erschließt sich ihm auch nicht. Das sei aber auch nicht schlimm, schließlich könne er alle Tests unkompliziert abrechnen.

„Hier Corona-Schnelltests kostenlos“, prangt seit Montag im Schaufenster. Gegen Mittag erhielt Flössner offiziell die Beauftragung des sächsischen Gesundheitsministeriums und legte sofort los: 50 kostenlose Tests führte seine Apotheke direkt am ersten Nachmittag durch. „Ich habe hier einen Mitarbeiter, der kommt aus seiner Vollschutzkleidung gar nicht mehr raus“, sagt er. Und er rechnet damit, dass das Testaufkommen sogar noch steigt: „Ab kommender Woche müssen die Arbeitgeber hier ihren Mitarbeitern mit Kundenkontakt einmal wöchentlich testen lassen und bevor sie selbst Material und personal dafür bereitstellen, schicken die ihre Leute natürlich lieber zu uns.“ Das mache auch Sinn, schließlich sei sein Testangebot sehr viel niedrigschwelliger als anderswo: „In den Testzentren braucht man meist einen Termin und beim Arzt muss man überhaupt erst mal jemanden ans Telefon bekommen, bei uns aber geht es ganz einfach, man kann vorbeikommen und wird direkt getestet.“

Das Honorar bringt auch ihn nicht zum Strahlen, allerdings betont Flössner, dass er dank seiner Strukturen durchaus kostendeckend arbeiten kann. „Ich schätze mal, auf Selbstzahlerbasis waren die meisten Apotheken bei Preisen irgendwo zwischen 30 und 40 Euro. Ich kann mich natürlich wie ein beleidigter Junge in die Ecke stellen und sagen, für 18 Euro mache ich es nicht. Aber wir haben hier wegen des Lockdowns sowieso eine niedrigere Kundenfrequenz als sonst und außerdem können wir es ohne weiteres aus der eigenen Infrastruktur heraus machen, denn wir haben die Räumlichkeiten dazu und sogar einen separaten Eingang für die Testungen. Und die sonstigen Kosten sind größtenteils Schutzkleidung, das ist Pfennigkram.“ Natürlich könne er nachvollziehen, dass es für kleine Apotheken, die weder genug Raum noch Personal haben, nur schwer umsetzbar ist. „Aber man muss es auch nicht so groß aufziehen wie Herr Schittenhelm, um kostendeckend zu arbeiten.“

Er profitiere auch davon, dass er bereits zuvor Schnelltests für Selbstzahler angeboten hat. „Deshalb geht es bei uns auch schon im Fließbandverfahren, wir haben die Strukturen schon“. Doch das Angebot sei nun hinfällig. „Es macht doch überhaupt keinen Sinn mehr, dass jemand für Schnelltests bezahlt“, sagt er. Es gebe zwar noch vereinzelte Kunden, die Laientests kaufen – „oft für Verwandte, die nicht mehr so mobil sind, da macht es ja auch Sinn“, sagt er.

Aber der Ansporn, für eine Testung zu bezahlen, sei auch mit der Beschränkung auf einen Test pro Woche nicht wirklich da, denn: Es gibt offenbar keinerlei System, das zu überprüfen. „Ich kenne keine Regelung, um zu unterbinden, dass Menschen sich mehrmals pro Woche testen lassen.“ Es gebe lediglich ein standardisiertes Meldeverfahren mit einer Excel-Tabelle, die er an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KV) schickt, um die durchgeführten Tests abzurechnen. In der Liste führt er einfach die durchgeführten Tests auf und kriegt sie erstattet, eine eingehende Prüfung erfolge anscheinend nicht. Die zu Testenden müssen außerdem eine Einwilligungserklärung ausfüllen, die Name und Adresse enthält. Die Apotheke muss die Nachweise ebenso wie die FFP2-Coupons bis 2024 archivieren.

Dass irgendwie geprüft wird, ob jemand das Angebot mehr als einmal pro Woche in Anspruch genommen hat, glaube er jedoch nicht. „Da wird nichts nachgeprüft, das läuft wie bei der Maskenausgabe im Dezember.“ Und er selbst habe auch nicht vor, das zu prüfen. „Wir schicken niemanden weg. Wenn ich jemanden sehe und erkenne, der hier dreimal die Woche kommt und sich testen lässt, dann sage ich natürlich etwas. Aber wer will sich denn schon so oft testen lassen?“ Natürlich hinterfrage er diese Strategie auch – warum wurde schließlich in der Bund-Länder-Runde noch darüber verhandelt, ob ein oder zwei Tests pro Woche kostenlos sind, wenn es sowieso nicht kontrolliert wird? „Aber bei Sachen, die ich nicht ändern kann, macht es auch keinen Sinn, mich damit zu befassen.“

Dass er lieber anpackt als sich zu beschweren, hat Flössner in den vergangenen Monaten bereits mehrfach unter Beweis gestellt. Neben den eigenen Testaktivitäten ist er fest in den Aufbau und Betrieb der sächsischen Impfzentren und mobilen Impfteams eingebunden, ist seit Jahren beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) engagiert, das in Sachsen am Betrieb der Impfzentren beteiligt ist, und hat dementsprechend einen kurzen Draht. „Da kommt ein Anruf und los geht’s“, sagt er. Dabei hat er nicht nur selbst tausendfach Impfungen aufgezogen, sondern die sächsischen Impfzentren bereits vor einem Debakel gerettet, als er in letzter Minute zehntausende Spritzen organisierte.