ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Mit Karl im Strandkorb Alexander Müller, 07.05.2022 08:01 Uhr

In diesem Strandkorb werden Gesetze geschrieben. Nicht. Montage: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Als positiver Aspekt der Arbeit von Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird häufig sein Fleiß hervorgehoben. Er hat vielleicht nicht die besten Gesetze und Verordnungen im Kabinett Merkel XII rausgehauen, aber immerhin die meisten. In dieser Hinsicht hat sein Amtsnachfolger Karl Lauterbach (SPD) noch einiges nachzuholen. Deswegen hat sich der ja ebenfalls für seine Arbeitswut bekannte Rheinländer für die parlamentarische Sommerpause einen Zwischenspurt auferlegt. Statt den Sommer zu genießen, wird Lauterbach im Strandkorb Gesetze schreiben müssen.

Die ersten Monate als Minister waren für Lauterbach geprägt von der Pandemie. Die Monothematik machte ihm nichts aus, dafür war er ja schließlich direkt ins Amt gewählt worden. Er musste Impfstoff-Vials zählen und mit den Vertreter:innen der Länder über Lockerungen verhandeln. Dann gab es die aufreibende Debatte über die Impfpflicht – eine erste Niederlage auch für den Minister.

Jetzt muss er andere Wege finden, die Pandemie gesetzgeberisch zu beenden, wenigstens ihre Wiederkehr im Herbst möglichst zu verhindern. Denn natürlich rechnen Lauterbach und sein böser Zwilling auf Twitter spätestens zum Jahresende mit massiv steigenden Zahlen, gar mit einer Killervariante des Virus. Noch im Mai will er deshalb sein „Pandemiebekämpfungskonzept“ vorstellen: Impfstoff-Einkauf, Anschlussregelungen für Corona-Vorgaben, Ausstattung der Gesundheitsämter. Vielleicht sollte er sicherheitshalber auch gleich mit verordnen, dass in Apotheken auch nach Silvester noch gegen Covid-19 geimpft werden darf.

Doch jetzt steigen erst einmal die Temperaturen und die Infektionszahlen sinken, andere Themen dringen zur Oberfläche öffentlicher Aufmerksamkeit durch. Die Krankenkassen fühlen sich mittellos und ausgebrannt. Sie sollen per Gesetz in die stabile Seitenlage verbracht werden. Ein erster Behandlungsplan hatte das Ministerium zu früh verlassen und wurde von der Branche zerrissen. Den Apotheker:innen wurde entwurfshalber mit einer Erhöhung des Kassenabschlags gedroht. Lauterbach versprach Sorgfalt und Achtsamkeit. Und dann sagte er, dass er den Entwurf in den kommenden Tagen vorlegen werde. Und dann sagte er, dass das aufgrund der Ukrainekrise gerade alles gar nicht zu planen sei. Ende Mai gibt es vielleicht einen ersten offiziellen Entwurf.

Ein geradezu Spahn’sches Projekt ist die weiter anstehende Digitalisierung. Lauterbach plant nicht weniger als den Durchbruch für die elektronische Patientenakte (ePA). Die müssen die Praxen eigentlich seit Sommer 2021 ausstellen können, können sie aber nicht. Der TI-Score der Gematik zeichnet ein Bild des Grauens. Und die Ärzt:innen sind davon mindestens so genervt wie vom E-Rezept. Laut Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben 7 Prozent der Praxen schon eins ausgestellt, in jedem zehnten Fall lief es ohne größere Probleme. Am Montag will Gematik-Chef Dr. Markus Leyck Dieken will bei der Gesellschafterversammlung am Montag über den weiteren Fahrplan sprechen.

Ein weiteres Großprojekt für Lauterbachs Strandkorb-Gesetzgebungsworkshop ist die geplante Cannabis-Freigabe. Vielleicht reist der Bundesdrogenbeauftragten Burkhard Blienert kurz zu Besuch an, um von den Fachgesprächen mit nationalen und internationalen Experten zu berichten. Gesetzentwurf soll in der zweiten Jahreshälfte folgen. Die Abda wünscht sich apothekenexklusives Cannabis.

Als weitere Gesetzesinitiative will Lauterbach „Gesundheitskioske“ in regionalen Brennpunkten zur Regelversorgung machen. Als einfacher Zugang zum medizinischen System. Man möchte wetten, dass auch diese Idee im Strandkorb entstanden ist.

Die Versandapotheken sind sicher mit dem neuen Minister nicht so zufrieden, die E-Rezept-Verschiebung schmerzt bitterlich. Nach den Horrorzahlen von Zur Rose kann Shop Apotheke wenig Besseres vermelden. Frustshoppen ist angesagt, für einen nicht näher bezifferten, aber jedenfalls zweistelligen Millionenbetrag wird der Schnelllieferdienst First A übernommen. Und wir fragen und: Ist das eigentlich eine revolutionäre Luftnummer? Parallel versucht Shop Apotheke über wiederentdeckte Rx-Boni ein neues EuGH-Verfahren zu erzwingen.

Dieser Wunsch könnte in Erfüllung gehen, denn die Apothekerkammer Nordrhein ist wieder in Prozesslaune. Auch gegen die Provisions-Plattform von DocMorris zieht die Kammer zu Felde. Neuer Ärger könnte beiden großen Versendern mit den Datenschutzbehörden drohen. Denn mobilsicher.de hat sich die Mühe gemacht, die Datenpakete auszulesen, die über die Apps Wissenswertes über die Kund:innen ausplaudern.

Und damit dürfen alle ins Wochenende? Fast alle. Lauterbach muss in den Strandkorb und alle Apothekenteams in und um Berlin haben etwas Besonderes vor: Sie gehen auf die APOTHEKENTOUR von APOTHEKE ADHOC und PTA IN LOVE. Die startet an diesem Wochenende in Berlin. Also nichts wie hin!