Apo-Tipp

Compassionate Use: Versorgung ohne Zulassung Nadine Tröbitscher, 07.04.2017 12:15 Uhr

Berlin - 

Bis ein Medikament auf den Markt kommt, können mehrere Jahre vergehen, denn Wirksamkeit und Verträglichkeit müssen in klinischen Studien belegt werden. Überwiegt der Nutzen das Risiko eines neuen Arzneimittels und ist dessen Qualität bestätigt, erhält es eine Zulassung. Dieser Weg kann für einige Schwerkranke und austherapierte Patienten zu lang sein. Das Härtefallprogramm (CUP) kann den Betroffenen in der Not helfen.

Patienten, die mit den verfügbaren Arzneimitteln nicht erfolgreich behandelt werden können, können das Compassionate Use-Programm nutzen und von der Behandlung eines noch nicht zugelassenen Medikamentes profitieren. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht für alle Präparate. Welche Arzneimittel unter das Härtefallprogramm fallen, kann auf den Listen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) eingesehen werden. Die Wirkstoffe benötigen eine bestätigte Anzeige durch die zuständigen Behörden. Diese wird erteilt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Beispielsweise wird vorausgesetzt, dass bereits ein Zulassungsantrag bei den entsprechenden Behörden vorliegt oder ausreichende Hinweise auf Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels verfügbar sind und bereits klinische Studien durchgeführt werden.

Ein Härtefall liegt zum Beispiel vor, wenn Patienten an einer Erkrankung leiden, die zu einer Behinderung oder gar zum Tod führen kann, wenn sie nicht mit einem auf dem Markt befindlichen Medikament ausreichend behandelt werden kann und keine anderen geeigneten Therapieoptionen zur Verfügung stehen, einschließlich der Teilnahme an klinischen Studien.

Ärzte, die im Compassionate Use Medikamente einsetzen, müssen die Anwendung genau erfassen und dem Hersteller ein Behandlungsprotokoll für die Auswertung wissenschaftlicher Daten zur Verfügung stellen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen muss die Dokumentation anonymisiert an den Hersteller übermittelt werden.

Zudem ist in § 21 Absatz 2 Arzneimittelgesetz (AMG) gesetzlich geregelt, dass der Hersteller das Medikament kostenfrei zur Verfügung stellen muss. Den Krankenkassen dürfen keine Kosten für das Arzneimittel in Rechnung gestellt werden. Krankenhausaufenthalte und Behandlung werden jedoch vom Kostenträger übernommen.

Ein Härtefallprogramm ist zeitlich begrenzt, kann jedoch im begründeten Bedarfsfall verlängert werden. Die Sonderregelung endet zeitgleich mit der Einführung des Medikamentes in den Markt.

Ärzte können im Rahmen des Härtefallprogrammes seit Februar für die PPMS-Patienten einen Antrag zur Behandlung mit Ocrevus (Ocrelizumab, Roche) stellen. „Für Patienten ist das Härtefallprogramm kostenlos, die Entscheidung über die Teilnahme ist eine Einzelfall-Entscheidung in Abstimmung mit Roche und in Abhängigkeit von den lokalen Regularien und Gesetzen“, so eine Sprecherin des Pharmakonzerns.