Urlaubsvertretung

Kollegen auf Zeit Maria Hendrischke, 02.08.2016 09:00 Uhr

Berlin - 

In der Urlaubszeit wird die Personalplanung zur Herausforderung. Besonders eng wird es, wenn dann noch ein Krankheitsfall hinzukommt. Verschiedene Anbieter verleihen Approbierte und PTA auf Zeit an Apotheken mit temporären Personalengpässen. Für die Vertretungen ein abwechslungsreicher Job, der allerdings auch anstrengende Seiten hat.

Approtime etwa hat sich auf die Verleihung von Vertretungen spezialisiert. Die Firma wurde 1997 von Waltraud Gerlach-Braun und ihrem Bruder Andreas Gerlach in Saarbrücken gegründet. Der Apotheker hatte sich 1995 als Selbstständiger auf Chefvertretungen spezialisiert. Beim Unternehmen sind die Vertretungen festangestellt und werden an Apotheken „verliehen“. Approtime übernimmt die bürokratische Abwicklung des Einsatzes. Sollte die Vertretung plötzlich ausfallen, schickt das Unternehmen Ersatz. Die Vertreter hätten den Vorteil, dass sie als Angestellte sozial abgesichert seien, erklärt Gerlach-Braun: „Sie erhalten Krankengeld und haben Urlaubsanspruch.“

Zur Zeit beschäftigt Approtime 35 Mitarbeiter, davon vier PTA. „Approbierte sind deutlich gefragter“, sagt Gerlach-Braun. Denn manchmal sei der Inhaber der einzige Apotheker im Team. „Und da ein Approbierter in der Apotheke anwesend sein muss, benötigt er bei Abwesenheit zwingend eine Vertretung.“ Ein PTA ließe sich eher noch von den eigenen Angestellten ersetzen.

Dennoch hat Approtime Vertretungs-PTA bereits vor einigen Jahren angestellt. Die Nachfrage von Apothekeninhabern habe dazu geführt: „Manche Apothekenteams sind mittlerweile so knapp besetzt, dass der plötzliche Ausfall einer PTA nicht durch die anderen Mitarbeiter kompensiert werden kann.“ Diese Tendenz sei bundesweit zu merken.

Auch das Düsseldorfer Unternehmen Flying Pharmacist vermittelt sowohl PTA als auch Approbierte an Apotheken. Unter den 85 Fachkräfte, mit denen Flying Pharmacist zusammenarbeitet, sind zehn PTA. Die Agentur wurde 2010 von Apotheker Dr. Devid El-Wahsch gegründet; seit etwa einem Jahr vermittelt er auch PTA.

Im Gegensatz zu Approtime arbeitet El-Wahsch mit selbstständigen Vertretern zusammen. Für die PTA und Approbierten bedeute das absolute Flexibilität: „Sie loggen sich in unserem Portal ein und suchen sich selbst aus, welche Jobs sie annehmen und wann sie arbeiten wollen“, erklärt El-Wahsch. Er gebe ihnen den Einsatzort nicht vor, sondern sammle lediglich die Jobangebote. Mit den nötigen Versicherungen müssten sich die Vertreter als Selbstständige allein auseinandersetzen.

Approtime wiederum teilt seine angestellten Vertreter Einsätzen zu. Die PTA und Apotheker müssten daher bereit sein, in ganz Deutschland zu arbeiten; eine regionale Begrenzung des Einsatzgebiets werde angestrebt, sei jedoch nicht zu garantieren, so Gerlach-Braun. In der Apotheke wird die Vertretung dann üblicherweise von einem erfahrenen Angestellten eingewiesen – der Inhaber ist meist schon vor Ankunft der Aushilfe nicht mehr in der Apotheke.

Die Vertretungsgesuche überstiegen die Kapazitäten der Vertreter, berichten beide Anbieter. Besonders viele Anfragen erhält El-Wahsch von Apothekeninhabern aus Nordrhein-Westfalen. Der Peak werde in den Sommermonaten zur Urlaubszeit erreicht. Um sicher eine Vertretung zu bekommen, sollten Inhaber mindestens vier bis fünf Wochen vorher anfragen, rät El-Wahsch. Auch Gerlach-Braun empfiehlt den Inhabern, sich spätestens im Frühjahr um einen Vertreter zu bemühen. „Für diesen Sommer haben wir gar keine Kapazitäten mehr“, so Gerlach-Braun.

Was zeichnet nun einen seriösen Chefvertreter aus? „Vertretung ist vor allen Dingen Vertrauenssache“, sagt Gerlach-Braun. Immerhin gebe der Inhaber seine Apotheke – und damit bisweilen seine Existenz – für mehrere Wochen in die Hände eines Fremden. Eigenschaften, die ein Vertretungsapotheker mitbringen sollte, ließen sich schwer definieren: „Berufserfahrung kann ein Vorteil sein, aber jüngere Apotheker kommen vielleicht besser mit unterschiedlichen Computersystemen klar“, nennt Gerlach-Braun ein Beispiel. Es sei wichtig, dass die Persönlichkeit des Vertreters zum Team passe. Doch das lasse sich im Voraus nicht feststellen.

Apotheker oder PTA, die sich für die Arbeit als professionelle Vertretung interessieren, rät Gerlach-Braun, folgende Punkte abzuwägen: „Wichtig ist, sich zu fragen, ob dieser Job zur aktuellen Lebensituation passt“, sagt sie.

Vertreter seien teils mehrere Wochen am Stück nicht zu Hause bei der Familie. „Der Lebenspartner muss das mittragen“, sagt Gerlach-Braun. Auch mit Kindern sei die geforderte Flexibilität womöglich nicht zu vereinen. „Die meisten unserer Angestellten befinden sich daher vor oder nach der Familienphase“, sagt sie. Dieses Bild zeigt sich auch bei Flying Pharmacist: „Wir haben Berufsanfänger – und auch Rentner, die es noch aushilfsweise in die Apotheke zieht“, berichtet El-Wahsch.

Wenn die Vertretungen zur Lebensphase passten, erwarteten die PTA und Approbierten verschiedenste Eindrücke und Erfahrungen. „Die Vertreter erweitern ihren Horizont“, so Gerlach-Braun. Zudem ermögliche das Arbeitszeitkonto von Approtime den Angestellten längere Urlaube: „Wem es wichtig ist, auch einmal über eine längere Zeit frei zu haben, für den ist der Job passend.“

Neben Approtime und Flying Pharmacist bietet auch der Nürnberger Dienstleister Acbira Vertretungen durch PTA und PKA an. Knapp ein Dutzend werden als Festangestellte bei Acbira an Apotheken deutschlandweit ausgeliehen. Zwei Jahre Berufserfahrung sind Pflicht; gute Kenntnisse im Umgang mit Apothekensoftware erwünscht. Daneben gibt es auch selbstständig tätige Vertreter sowie Vermittlungsagenturen, die mit den Selbstständigen zusammenarbeiten und ihnen sowie den Inhabern bürokratische Aufgaben abnehmen.