Medikationsplan

„Diese Arztzentriertheit gefällt mir nicht“ Alexander Müller, 11.06.2015 17:09 Uhr

Berlin - 

Der Medikationsplan kommt, aber vorerst nur auf Papier. Die Versandapotheken hatten sich vom E-Health-Gesetz mehr versprochen – insbesondere ein elektronisches Rezept. Bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Jahrestagung des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) wurde darüber diskutiert, ob das Gesetz zu spät kommt oder ein guter erster Schritt ist.

Jens Koeppen (CDU) ist Vorsitzender des Ausschuss Digitale Agenda und damit nach eigenem Bekunden kein Experte für Gesundheitspolitik. Der Ausschuss nehme aber Querschnittsaufgaben wahr und verstehe sich als „Brandbeschleuniger“. Deswegen habe es schon eine gemeinsame Anhörung mit dem Gesundheitsausschuss gegeben.

Es gehe nicht darum, den Gesundheitspolitikern ins Handwerk zu pfuschen, sondern ein Bewusstsein zu schaffen, dass es oft schon digitale Lösungen für Probleme gebe. Koeppen kritisierte die langsame Entwicklung bei der Entwicklung der Telematik-Infrastruktur. Er warnte davor, dass sich die Politik vom Markt überholen lässt. „Wenn der Gesetzgeber ein System auf den Markt bringt, das aber niemand nutzt, werden die Leute ihre Gesundheitsapps nutzen.“

Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen) stimmte zu, dass der gordische Knoten durchschlagen werden müsse. Ihr persönlich sei wichtig, wie der Patient selber über seine Daten bestimmen könne. Zugang und Selbstbestimmung seien in der derzeitigen Fassung nicht gewährleistet.

Schulz-Asche kritisierte auch, dass Apotheker im Moment nicht ausreichend eingebunden seien in das Medikationsmanagement. „Das derzeit geplante System ist sehr arztzentriert und diese Arztzentriertheit gefällt mir nicht.“ Die Apotheker seien die Experten in der Arzneimittelversorgung.

Die ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Biggi Bender fragte als Moderatorin der Diskussionsrunde bei Koeppen als Vertreter einer Regierungspartei nach. Warum denn die Ärzte für die Erstellung eines Medikationsplans eine Vergütung erhielten, nicht aber die Apotheker. „Kann ich nicht sagen. Vielleicht haben sie eine stärkere Lobby“, so Koeppen lapidar. Allgemein dürfe es nicht sein, dass ein Leistungserbringer hinten herunterfalle.

BVDVA-Chef Christian Buse sagte, dass ein elektronisches Rezept das Kernanliegen der Versender gewesen wäre. Der 2D-Barcode auf dem Medikationsplan sei aber ein „seichter Übergang in die digitale Welt“, so Buse. Das Gesetz sei zumindest ein Start, parallel habe sich aber das Internet entwickelt. „Wir haben eine Telematik-Infrastruktur auf dem Stand von vor fünf Jahren. Es muss Anwendungen für die Datenautobahn Telematik-Infrastruktur geben“, so Buse.

Schulz-Asche gab zu bedenken, dass Pharmaunternehen etwa im Bereich Diabetes schon sehr weit seien: Blutwerte könnten in Gesundheitsapps eingegeben werden, die Daten dann an den behandelnden Arzt geschickt werden. „Im Vordergrund muss stehen, die Therapie und Betreuung der Patienten zu verbessern. Dazu müssten die Akteure besser vernetzt werden.“

Dr. Gunther Hellmann, der „Erfinder“ des Medikationsplans, ist „froh, dass wir Gehör gefunden haben und der Gesetzentwurf das Thema aufgreift“. Er sieht den Medikationsplan als Chance, in die digitale Welt zu kommen.

Der Referentenentwurf des E-Health-Gesetzes sieht vor, dass Patienten, die mindestens drei Arzneimittel verordnet bekommen, ab Oktober 2016 einen Anspruch auf einen Medikationsplan haben. Mediziner, die einen Medikationsplan erstellen oder aktualisieren, sollen dafür eine Vergütung erhalten. Apotheker sind von der Erstellung der Pläne ausgeschlossen, sollen aber – unentgeltlich – Aktualisierungen des Medikationsplans vornehmen können. Aus Sicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ist diese Leistung derzeit mit dem Fixhonorar abgegolten.