Leipzig

Fahrraddemo für das Pharmazie-Institut Maria Hendrischke, 05.06.2015 15:03 Uhr

Leipzig - 

In Leipzig protestierten Studenten mit einer Fahrraddemo gegen geplante Stellenstreichungen an der Universität. Auch der Fachbereich Pharmazie ist bedroht – Einkürzungen könnten das Ende für das einzige Pharmazie-Institut Sachsens bedeuten. Die Studierenden fordern mehr Mitspracherecht in der Hochschulentwicklung.

Unter dem Motto „Kürzer geht’s nicht! Jetzt erst recht, wertes Rektorat!“ radelten etwa 110 Demoteilnehmer durch die Leipziger Innenstadt. Die Route führte von der Moritzbastei in einer zweistündigen Tour zum Leipziger Markt. Dort schlossen sich die Studierenden mit ihrem eigenen Bühnenprogramm dem aktuell stattfindenden Leipziger Stadtfest an.

„Nur mit Dauerstellen an den Hochschulen kann gute Lehre und Forschung sicher gestellt werden“, erklärt Henrik Hofmann, Referent für Hochschulpolitik des Student_innenRats (StuRa) Leipzig im Demoaufruf. Mindestens 44 Stellen müsse die Uni Leipzig in den Jahren 2015 und 2016 streichen, verlangt das Wissenschaftsministerium Sachsen.

Das würde zwangsläufig zu einem schmaleren Fächerspektrum und einem Qualitätsverlust in der Lehre führen, so Hofmann. Stellenstreichungen seien in den Bereichen Pharmazie, Theaterwissenschaften und Archäologie geplant. Für die Studiengänge würde dies das Aus bedeuten. Gerade das Fach Pharmazie zu streichen, hält Hofmann für politisch unklug. „Leipzig ist der einzige Standort in Sachsen, der den Studiengang Pharmazie anbietet“, gibt er zu bedenken.

Der Kampf gegen die Schließung des Instituts begann bereits 2010, nachdem die Pläne der Landesregierung bekannt geworden waren. Seitdem heiße es von den Landespolitikern nur: „Es müssen Stellen abgebaut werden, da können wir nichts machen, und die Pharmazie hat es eben getroffen“, so Hofmann.

Aber es gebe immer noch Hoffnung: „Mit einem guten Konzept könnte die Landesregierung dazu gebracht werden, die Kürzungspläne zurückzunehmen“, sagt Hofmann. Um geeignete Konzepte zu entwickeln, sei an der Uni ein Gremium einberufen worden. „Doch an dem sind die Studenten nicht beteiligt, obwohl sie die größte Interessengruppe sind und durchaus auch Expertise hätten“, kritisiert er.

Daher forderten die Studierenden mit der Fahrraddemo auch mehr Mitspracherecht, erklärt Hofmann. „Und schon auf die Demo-Ankündigung hin hat sich etwas bewegt“, berichtet er. Die Rektorin der Uni, Professorin Dr. Beate Schücking, und das Wissenschaftsministerium hatten sich laut Hofmann an die Studentenschaft gewandt. Ihnen will der StuRa nun zuerst die Chance einräumen, auf die Forderungen der Demonstranten zu reagieren, bevor neue Aktionen geplant werden.

Schon im vergangenen Jahr hatte es mehrere Fahrraddemonstration gegen die angesetzten Kürzungen gegeben: „Klingeln gegen Pfeifen“ hieß es damals vonseiten der Studierendenschaft. Die Idee zu einer Fahrraddemo sei den Studierenden gekommen, weil es sich dabei um ein recht „offenes Format“ handele. Es seien mehr Menschen bereit, sich einer Fahrradfahrt anzuschließen, als stundenlang durch die Stadt zu laufen. Es mache einfach mehr Spaß.

Dem drohenden Ende des Pharmazie-Instituts Leipzig widerspricht auch der künftige Bedarf an Apothekern. Nachwuchsapotheker werden gebraucht, so die ABDA. Sie geht davon aus, dass in den kommenden Jahren ein Fünftel der derzeit knapp 62.000 berufstätigen Apotheker in Rente gehen. Zugleich ging die Zahl der Studienanfänger in der Pharmazie nach einem Spitzenwert von 2853 Neuimmatrikulationen im Jahr 2011/2012 zurück – und lag 2013/2014 bei 2708.

Die Landesapothekerkammer stärkte das Institut in Leipzig daher zuletzt mit einer Projektförderung: Über einen Zeitraum von drei Jahren soll die Einrichtung jährlich 40.000 Euro erhalten. „Für den Standort gibt es keine wirklich ernst zu nehmende Alternative, wir brauchen die Ausbildung der dringend benötigten Pharmazeuten hier und jetzt“, sagte Kammerpräsident Friedemann Schmidt.

2010 hatten CDU und FDP den Abbau von 1042 Stellen bis zum Jahr 2020 beschlossen. Die Uni Leipzig entschloss sich dafür, 21 Stellen im Pharmazie-Institut zu streichen und das Institut damit komplett zu schließen. Ende 2011 kündigte die Hochschule an, zum Wintersemester 2012/2013 keine neuen Pharmaziestudenten zu immatrikulieren. Wissenschaftsministerin Professor Dr. Sabine von Schorlemer (parteilos) plädierte für die Schließung des Instituts, Sozialministerin Christine Clauß (CDU) legte ihr Veto ein und wendete damit die Schließung ab.

Seitdem wird um das Pharmazie-Institut gestritten. Das Wissenschaftsministerium bestand auf den Stellenkürzungen, die Uni vor diesem Hintergrund auf der Schließung des Instituts und die Sozialministerin blieb bei ihrem Veto.

Seit 2013 nimmt die Uni nur noch 36 statt wie zuvor rund 50 Studienanfänger auf. Die Fachschaft befürchtete, dass ihr Pharmazie-Institut sukzessive gestrichen werden soll. Zumindest zum kommenden Wintersemester sollen erneut neue Pharmaziestudenten aufgenommen werden. Die Koalitionspartner CDU und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag zudem darauf verständigt, auf den angekündigten Stellenabbau zu verzichten. Was das für die Uni Leipzig bedeutet, ist allerdings noch nicht klar.