Regierungsbildung

Konsens bei Pflege – Rx-Versandverbot im Streit APOTHEKE ADHOC, 31.01.2018 09:53 Uhr

Berlin - 

Union und SPD sind weitere Schritte auf dem Weg zur Neuauflage der großen Koalition (GroKo) vorangekommen: Die Unterhändler verständigten sich auf eine bessere Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege. In diesen Bereichen sollen Sofortmaßnahmen für eine bessere Personalausstattung sorgen, teilten die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit. Noch nicht geklärt sind weiterhin die offenen Fragen zur Apothekenpolitik.

Dem Vernehmen nach besteht Gröhe in den Verhandlungen auf das Rx-Versandverbot. Offenbar gibt es auf Seiten der Union immer noch die Hoffnung, im Gegenzug für das Entgegenkommen zur Beendigung der „Zwei-Klassen-Medizin“ Kompromisse aushandeln zu können. Womöglich wird es aber am Ende keine Konkretisierungen dazu im Koalitionsvertrag geben. Dann könnte die Aussage aus den Sondierungen übernommen werden: Union und SPD bekannten sich bereits zur Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung: „Zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung gehört für uns neben einer gut erreichbaren ärztlichen Versorgung auch eine wohnortnahe Geburtshilfe, Hebammen und Apotheken vor Ort“, hieß es dort.

Die Ausgestaltung würde damit dem kommenden Gesundheitsminister überlassen. Fällt das Bundesgesundheitsministerium an die SPD – wie derzeit erwartet wird – stünden die Chancen für das von der ABDA geforderte Rx-Versandverbot allerdings schlecht.

Zur Verbesserung der Situation der Pflegekräfte soll mit den Tarifpartnern dafür gesorgt werden, dass Tarifverträge in der Pflege flächendeckend zur Anwendung kommen. Zudem wolle man eine Angleichung des Mindestlohns in der Pflege zwischen West- und Ostdeutschland erreichen; die Bezahlung in der Altenpflege wird immer wieder als zu niedrig kritisiert.

Für die medizinische Behandlungspflege in Heimen sollen in einem ersten Schritt 8000 neue Fachkraftstellen geschaffen werden. Gröhe sagte, die Zahl der Pflegebedürftigen wachse. Daher sollen die pflegenden Angehörigen gestärkt sowie Leistungen zusammengefasst und besser zugänglich gemacht werden. Der für Gesundheit zuständige Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) sagte, man wolle auch die größeren Distanzen im ländlichen Bereich berücksichtigen.

Die GKV verlangt von einer künftigen Bundesregierung verbindliche Vorgaben für die Pflege am Krankenbett. Vize-Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, sagte der dpa: „Damit sich die Pflege am Krankenbett tatsächlich verbessert und zusätzliche Gelder vom Klinikmanagement nicht für irgendetwas anderes genutzt werden können, sind zielgenaue Maßnahmen statt einfach nur Zusatzgelder mit der Gießkanne notwendig.“

Hintergrund ist unter anderem die Aufforderung von Gröhe, bis Mitte 2018 Untergrenzen für das Pflegepersonal in pflegerisch wichtigen Bereichen von Krankenhäusern festzulegen. Allerdings ist nicht ganz klar, wie viel Personal zweifelsfrei einem Bereich zuzuordnen ist. Zudem fehlt es an Daten, bei welchem Pflegebedarf wie viele Pflegende je Schicht nötig sind.

Für die Pflege am Bett stellt das Gesundheitsministerium über das Krankenhausstrukturgesetz 2016 bis 2018 Fördermittel von insgesamt bis zu 660 Millionen Euro bereit. Ab 2019 stehen dauerhaft bis zu 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Der bisherige Versorgungszuschlag von 500 Millionen Euro wird in einen Pflegezuschlag umgemünzt. Er wird nach den Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser verteilt.

Vor den entscheidenden Koalitionsverhandlungen von Union und SPD zum Thema Gesundheit mischen sich die Krankenkassen ein: Sie fordern ein festes Sprechstundenkontingent für gesetzlich Versicherte. „Ein Arzt, der eine volle Zulassung für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat, sollte zukünftig mindestens 30 Sprechstunden wöchentlich für gesetzlich Krankenversicherte anbieten müssen“, so Stackelberg gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Stackelberg hatte zuvor vor einer Angleichung der Arzthonorare zu Lasten der GKV-Beitragszahler gewarnt. „Die Einführung einer einheitlichen Honorarordnung würde 90 Prozent der Menschen in diesem Land derzeit keinerlei Vorteile bringen, aber die Privatversicherten entlasten“, sagte er. Experten rechnen bei einer Angleichung einen Anstieg der Beitragssätze für gesetzlich Versicherte von bis zu 0,6 Prozentpunkten auf dann 16,2 Prozent. Gegen eine solche Vereinheitlichung der Arzthonorare bestehen nach einem Expertengutachten im Auftrag des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) und der Bundesärztekammer (BÄK) auch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Allerdings hatte Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) bereits angedeutet, dass nur die GKV-Arzthonorare in ländlichen Regionen angehoben werden könnten. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte zuvor betont, dass den Ärzten kein Honorar weggenommen werden solle.