Kommentar

Arzneimittelexperte Arzt Julia Pradel, 27.05.2015 11:10 Uhr

Berlin - 

Der Medikationsplan und das Medikationsmanagement waren der neue Stern am ABDA-Himmel, der den Weg in eine bessere Zukunft weisen sollte. Mehr Pharmazie war die Devise; die Apotheker sollten in die Therapie einbezogen werden, im heilberuflichen Netzwerk mit Ärzten zusammenarbeiten – und dafür vergütet werden. Doch es kommt anders. Die Politik hält die Apotheker nicht für die Experten für Arzneimitteltherapiesicherheit, als die sie sich selber sehen. Ein Kommentar von Julia Pradel.

Der Medikationsplan sollte nur ein erster Schritt sein, und die ABDA hatte sogar schon eine Vergütung für die Medikationsanalyse gefordert – die selbstverständlich vor Erstellung des Plans erforderlich sei. Doch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sieht nicht die Apotheker, sondern die Ärzte in der Verantwortung. Sie sollen die Medikationspläne erstellen und erhalten dafür genau die Vergütung, die die Apotheker für sich gefordert hatten. Die hingegen gehen wieder einmal leer aus und dürfen lediglich Aktualisierungen an den Plänen vornehmen. Unentgeltlich, versteht sich.

Damit ist die Standesvertretung mit ihrer Hauptbotschaft nicht durchgedrungen, nämlich, dass Apotheker die Experten für Arzneimittel sind. Das ist die wichtigste Aussage, die die Apothekerschaft bei der Politik platzieren wollte. So steht es auch in ihrem Leitbild/Positionspapier. Darauf begründen sich nicht nur zentrale Honorarforderungen, sondern auch ganz neue Vergütungsformen, auf die die Pharmazeuten hoffen.

Doch in Sachen Medikationsplan müssen sich die Apotheker nun den Ärzten geschlagen geben, die traditionell keine Einschnitte in ihrem Zuständigkeitsbereich dulden – schon gar nicht zugunsten der Apotheker. Es sieht so aus, als hätten sich die Ärzte bei der Politik durchgesetzt.

Das wiederum könnte auch Einfluss auf andere Projekte haben: Im ABDA/KBV-Modell haben Apotheker und Ärzte lange um die Aufgabenteilung und die Honorierung der Leistungen gerungen. Zwar wurde schließlich ein Kompromiss gefunden und in Sachsen und Thüringen das Pilotprojekt ARMIN auf die Beine gestellt – doch mit dem klaren Bekenntnis der Politik zu den Ärzten dürfte die Zusammenarbeit erschüttert werden. Die Ärzte waren auch bei ARMIN nie die treibende Kraft.

Auch das Projekt PRIMA, bei dem Ärzte und Apotheker Medikationspläne gemeinsam erstellen, wird mit dem Kabinettsentwurf des E-Health-Gesetzes faktisch überflüssig. Denn bei dem mit 230.000 Euro vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geförderten Projekt teilen sich Arzt und Apotheker die Erfassung der Gesamtmedikation und die Aktualisierung des Plans. Gröhe will es jetzt anders.

Künftig sollen Apotheker den Medikationsplan höchstens aktualisieren dürfen. Dafür ist – zumindest im derzeitigen Entwurf des E-Health-Gesetzes – keine Vergütung vorgesehen. Dabei dürfte ein erheblicher Anteil der Wechselwirkungen aufgrund der Selbstmedikation entstehen, über die der Apotheker verlässlichere Aussagen treffen kann als der Arzt.

Die Politik gibt die Verantwortung an die Ärzte, der Apotheker darf kostenlos zuarbeiten. Das zeigt deutlich, wie die Politik die Apotheker sieht, nämlich eben nicht als Arzneimittelexperten und auf Augenhöhe mit dem Arzt. Und diese Sichtweise, der die Apotheker seit langem entkommen wollen, wird mit dem E-Health-Gesetz zementiert.

Denn statt wie die Ärzte über eine Honorierung verhandeln zu können, die grundsätzlich bereits verankert ist, bekommen die Apotheker wenn überhaupt Anerkennung für ihre Beteiligung. Das ist ein herber Rückschlag für ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, der sich wie kaum ein anderer in der Berufsvertretung für die „Edelpharmazie“ einsetzt. Seit seinem Amtsantritt 2012 will er mehr Selbstbewusstsein für Apotheker und eine Weiterentwicklung des Berufsbildes. Auf eine Augenhöhe mit den Partnern im Gesundheitswesen zu kommen – dieses Ziel ist so aktuell wie vor drei Jahren. Und jetzt weiter entfernt denn je.

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