Ex-Chef der Monopolkommission

Haucap berät Reiche 07.10.2025 08:52 Uhr

Berlin - 

Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hat mit Blick auf geplante Reformen einen Beraterkreis einberufen. Dazu gehört unter anderem der Ökonom Professor Dr. Justus Haucap vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität. Haucap hatte sich in der Vergangenheit wiederholt für eine weitreichende Libalisierung im Apothekenmarkt ausgesprochen.

Reiches Berater, zu denen neben Haucap auch die Wirtschaftsweise Professor Dr. Veronika Grimm sowie Professor Dr. Stefan Kolev, wissenschaftlicher Leiter des Ludwig-Erhard-Forums für Wirtschaft und Gesellschaft in Berlin, und der frühere Wirtschaftsweise Professor Dr. Volker Wieland gehören, sehen Deutschland in einer schweren strukturellen Krise und fordern die Politik zu mehr Mut bei grundlegenden Reformen auf. Ohne Kurswechsel drohten eine schleichende Deindustrialisierung, steigende Verteilungskonflikte und der Verlust internationaler Wettbewerbsfähigkeit, heißt es in einem Papier.

Haucap sagte mit Blick auf die Politik, nicht jedem sei bewusst, wie es um den Standort Deutschland stehe. Es komme nicht nur darauf an, dass die Stimmung besser werde.

Deutschland steckt in einer langen Phase der Wachstumsschwäche. Wirtschaftsverbände sehen seit Langem strukturelle Gründe wie im internationalen Vergleich hohe Energiekosten und Steuern, steigende Sozialabgaben und zu viel Bürokratie. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) setzt auf einen Stimmungsumschwung vor allem in der Wirtschaft. Er hat außerdem einen „Herbst der Reformen“ angekündigt. Geplant ist unter anderem eine Reform des Bürgergelds. Zur Zukunft zum Beispiel der Rente hat die Regierung Kommissionen eingesetzt.

Berater schlagen „Wachstumsagenda“ vor

Seit Jahren stagniere in Deutschland die Wirtschaftsleistung, während vergleichbare Volkswirtschaften deutlich dynamischer wachsen, heißt es im Papier des Beraterkreises. Als Hauptursachen genannt werden ein zu geringes Wachstum der Produktivität, strukturelle Demografieprobleme, Investitionsschwäche sowie eine überbordende Regulierung.

Konkret schlagen die Wissenschaftler vor, Regulierungen zu entschlacken – vom Datenschutz bis zum Baurecht. Sozialsysteme müssten reformiert werden. Die Ökonomen sprechen sich unter anderem für ein höheres Renteneintrittsalter aus. Auch Reiche hatte gefordert, die Deutschen müssten länger arbeiten. Ihre Berater nennen als Beispiel Dänemark, wo das Renteneintrittsalter bis 2040 auf 70 Jahre ansteige.

Die Ökonomen plädieren außerdem dafür, den Strukturwandel nicht aufzuhalten, sondern zuzulassen. Das Ziel sollte nicht zwingend darin liegen, bestehende Unternehmen und Industrien durch staatliche Unterstützung wettbewerbsfähig zu machen, sondern einen „wachstumsorientierten Strukturwandel“ zu ermöglichen. Grimm sagte, es gehe darum, Technologieführerschaft in wichtigen Branchen zu erreichen. Sie nannte die Bio- und Medizintechnologie, aber auch die Nukleartechnologie. Firmen würden aber durch regulatorische Barrieren Stein in den Weg gelegt.

Apotheken wie Weinläden

Als Chef der Monopolkommission hatte Haucap bereits 2009 eine massive Liberalisierung des Apothekenmarkts gefordert, unter anderem die Zulassung von Apothekenketten und die komplette Freigabe der Rx-Preise. Im vergangenen Jahr schlug er bei der Zukunftskonferenz VISION.A powered by APOTHEKE ADHOC, ARZ Haan AG, APOTHEKENTOUR und PTA IN LOVE vor, entsprechende Modellversuche in einem Bundesland wie Thüringen oder dem Saarland zu starten. Befürchtungen, solche Liberalisierungsschritte könnten die Patientensicherheit gefährden, teilte er nicht. Er zog den Vergleich zu Weinhandlungen im Prenzlauer Berg, wo inhabergeführte, kleine Geschäfte wegen der Beratung bevorzugt würden.