Griechenland

Vogler: Liberalisierung ist „höchstproblematisch“ Julia Pradel, 04.04.2014 13:48 Uhr

Problem Liberalisierung: Kathrin Vogler (Die Linke) ist vom Zustand des griechischen Gesundheitssystems erschüttert. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Die Liberalisierung des griechischen Apothekenmarktes wird auch in deutschen Bundestag kritisch verfolgt. Die griechische Regierung hat den Markt für Apothekenketten geöffnet und die Apothekenpflicht gelockert. Kathrin Vogler, Arzneimittelexpertin der Linksfraktion, beobachtet die Entwicklungen mit Sorge.

Die Arzneimittelversorgung durch Supermärkte sei „höchstproblematisch“, sagt Vogler. Die Beratung könne nur durch Pharmazeuten sichergestellt werden. „Unsere Kritik ist da dieselbe wie in Deutschland, wenn es um Versandapotheken geht“, so Vogler.

Bei einem Treffen mit dem gesundheitspolitischen Sprecher der linken Partei Syriza, Andreas Xanthos, hat sich Vogler am Mittwoch ein Bild von der Lage in Griechenland gemacht. Die Berichte über den Zustand des griechischen Gesundheitswesens seien „erschütternd“, so das Fazit der Politikerin.

„Viele Menschen haben keinen Zugang zum öffentlichen System – und private Leistungen können sie sich nicht leisten“, sagt Vogler. Derzeit würden in Griechenland alternative Gesundheitsstrukturen ausgebaut: Ärzte und Pfleger seien ehrenamtlich tätig und behandelten Patienten.

Außerdem werde über die kostenlose Verteilung gespendeter Arzneimittel diskutiert, so Vogler. Da dies rechtlich schwierig sei, werde nun die Verteilung von gespendeten Medizinprodukten geprüft. Selbst Verbände, Kanülen oder Spritzen fehlen Vogler zufolge.

Auch bei Medikamenten gibt es Engpässe: „Viele Arzneimittel, besonders im onkologischen Bereich, sind für Normalverdiener nicht mehr erhältlich“, so Vogler. Inzwischen werde in Griechenland sogar über eigene Produktionskapazitäten in öffentlicher Hand diskutiert.

Ein weiteres Problem stellt der Fachkräftemangel dar: Durch die Kürzungen wandern laut Vogler viele Pflegekräfte und Ärzte ab. Sie kritisiert, dass beispielsweise die nordrhein-westfälische Landesregierung im Herbst auf einer Jobmesse in Thessaloniki Fachkräfte abgeworben hat. „Das ist eine Situation, der wir nicht weiter zuschauen können“, so Vogler.

Aus Sicht der Linke-Politikerin müssen die Vorgaben der Troika sofort aufgehoben werden, zum Beispiel die Forderung, dass die Gesundheitsausgaben nicht mehr als 6 Prozent des Bruttosozialproduktes ausmachen dürfen. „Außerdem brauchen wir ganz viel Solidarität“, so Vogler. Deshalb will sie „auf allen Ebenen“ über die Zustände im griechischen Gesundheitswesen aufklären.

Auf ihrer Facebook-Seite kündigt Vogler „gemeinsame Aktivitäten gegen Privatisierung und kapitalistische Durchdringung unserer Gesundheitssysteme“ an. Im Herbst sollen etwa auf einer Konferenz zusammen mit der europäischen Linkspartei Perspektiven für das griechische Gesundheitssystem gefunden werden.