Versandapotheken

Julis Bochum: Nächstes Fettnäpfchen Lothar Klein, 06.03.2017 11:53 Uhr

Berlin - 

„Frei, mutig & progressiv“, lautet das Motto der Jungen Liberalen (Julis) in Bochum. Irgendwie scheint das die Nachwuchspolitiker der FDP zu animieren, sich mit dem Versandhandel von Arzneimitteln intensiv zu befassen. Dabei landen die Julis aber wieder im „Fettnäpfchen“. Zuletzt forderten sie die Zulassung des Versandhandels – obwohl es diesen schon seit 13 Jahren gibt. Aktuell freuen sich die Bochumer Julis darüber, dass Amazon demnächst per Drohne Arzneimittel bis aufs Sofa liefert. Den entsprechenden Bericht von APOTHEKE ADHOC haben sie wohl gründlich missverstanden.

„Mit Amazon überlegt nun der Marktführer im Versandhandel in den Versand von Arzneimitteln einzusteigen. Für den Verbraucher bedeutet das, dass er in Zukunft Sonntagsnachmittag bequem von zuhause aus mit einem Mausklick Medikamente über das Internet bestellen und mit der Drohne bis zur Haustür geliefert bekommt“, posten die Julis auf Facebook. Darunter prangt ein Bericht das Regionalzeitung Westdeutsche Allgemeinen Zeitung (WAZ), der sich auf APOTHEKE ADHOC bezieht.

„Da schlottern den Leuten von APOTHEKE ADHOC bestimmt schon die Knie und die Mitgliedschaft im Golfclub muss bald gekündigt werden“, kommentiert ein gewisser Patrick Guidato den Juli-Post.

So viel Stimmungsmache ist denn aber nicht allen Julis angenehm. Ein „Marius Wo“ fühlt sich an Trumpsche Faktenauslegung erinnert: „Wenn man eure einleitende Worte mit dem Artikel vergleicht, könnte man meinen, ihr würdet ‚alternative Fakten‘ präsentieren ... Falls ihr lesen könnt, dort steht ‚in Kontakt mit Apotheken‘. Und was haben Apotheken in der Regel am Sonntag?? Richtig, die haben zu! Da die Medikamente also nun von Apotheken zum Umschlagplatz geliefert werden sollen, wird das am Sonntag also vermutlich nix. Und da Amazon nicht zur Apotheke in Deutschland werden kann, weil Amazon die Anforderungen einen Apotheke nicht erfüllt, werden Medikamente direkt von dort nicht verschickt werden dürfen“, rückt er die Sachlage wenigstens teilweise zurecht.

Und dann hat Wo noch drei ergänzende Fragen: „Seit wann liefert Amazon Sonntags?“ In den Amazon-Hinweisen zur Zustellung heiße es nämlich: „Die Zustellung erfolgt von Montag bis Samstag. An Sonntagen und an (regionalen wie bundesweiten) Feiertagen erfolgt regulär keine Zustellung.“ Wissen will Wo außerdem: „Von welcher Quelle habt ihr das mit den Drohnen? Medikamente dürfen nicht an Kinder herausgegeben werden, wer stellt das bei einer Drohnenbelieferung sicher?“, fragt Wo und will weiter wissen: „Wann ist ‚Nachmittags‘ bei euch? Meines Wissens gibt es genaue Zeitfenster bis wann etwas bestellt sein muss, dass es geliefert werden kann? Auch wäre es von Vorteil, wenn die liefernde Apotheke dann noch offen hätte.“ Eine Antwort der Julis auf seine Anmerkungen steht noch aus.

Erst kürzlich hatte die Bochumer Julis im Wahlkampfeifer in NRW das Thema Versandhandel von Arzneimittel ebenfalls auf Facebook aufgegriffen. Auf einem Bild wurde ein weinendes Kleinkind in einer Badewanne unter dem Satz gezeigt: „FDP fordert Zulassung von Versandapotheken.“ Darunter das Statement der Julis: „Dann zahlt der Verbraucher ja hinterher weniger!“

Unter dem Beitrag wurden die Bochumer Julis von einem Kommentator prompt darüber aufgeklärt, dass niemand die FDP für die Zulassung des Versandhandels benötigt, weil dies vor 13 Jahren schon passiert sei. Mit solchen Detailfragen wollten sich die Julis offenbar nicht auseinandersetzen, geht es ihnen doch um eine generelle Liberalisierung des Marktes. Im Facebook-Post der Jungliberalen hieß es zu dem Beitrag über Lindner: „APOTHEKE ADHOC jammert über die Pläne der FDP den Apothekenmarkt zu liberalisieren. In vielen anderen Ländern gibt es bereits einen deutlich liberaleren Apothekenmarkt und auch der Versandhandel funktioniert gut.“ Und dann stellten die Julis noch fest: „Die FDP ist nicht der Lobbyverband der deutschen Apotheker sondern macht sich stark für den Verbraucher und der wird von einer Liberalisierung und Zulassung von Versandapotheken ausschließlich profitieren.“