TV-Tipp

Stern TV: Methadon gegen Tumorzellen Nadine Tröbitscher, 21.06.2017 18:34 Uhr aktualisiert am 22.06.2017 15:26 Uhr

Berlin - 

Methadon bringt man in erster Linie mit der Drogenersatztherapie in Verbindung. Das viel mehr Potenzial in der Substanz steckt, zeigte RTL am Mittwoch in der Sendung „Stern TV“ um 22.15 Uhr. Methadon kann in der Krebstherapie eingesetzt werden, um die Wirkung der Chemotherapie zu unterstützen.

Tödliche Diagnose Hirntumor: Die Ärzte gaben Sabine Kloske noch maximal 15 Monate, nachdem der Golfball-große Hirntumor diagnostiziert wurde. Seitdem sind etwa zweieinhalb Jahre vergangen und wie durch ein Wunder ist der Tumor im MRT nicht mehr sichtbar. Kloske hatte zufällig erfahren, dass Methadon, das sonst gegen die Entzugserscheinungen Heroinabhängiger eingesetzt wird, zusätzlich zu ihrer Chemotherapie angewendet werden und die Überlebenschancen verbessern könne.

Bereits vor etwa zehn Jahren konnte ein Forscherteam um Dr. Claudia Friesen am Universitätsklinikum Ulm zeigen, dass Methadon den Zelltod von Leukämiezellen auslösen kann. Sie forschte intensiv weiter. Vor etwa vier Jahren zeigte das Team dann, dass Methadon die Chemotherapie bei bösartigen Hirntumoren, sogenannten Glioblastomen, unterstützen kann.

Friesen konnte bislang mehreren Hundert Betroffenen helfen und wird heute in der Sendung über den Erfolg berichten. Ebenfalls zu Wort kommt Palliativmediziner Dr. Hans-Jörh Hilscher, der Methadon in der Tumortherapie einsetzt.

Die Krebszellen bilden auf ihrer Oberfläche Opioid-Rezeptoren aus, an die das Methadon sich festsetzen kann. Dockt der Wirkstoff an, öffnet die Zelle Kanäle für das Krebsmedikament, das dann in das Innere einströmen kann.

Auf der anderen Seite aktiviert das Zytostatikum die Krebszelle, vermehrt Oberflächenrezeptoren für Methadon zu produzieren. Somit wird die Wirkung verstärkt, gesunde Zellen werden nicht angegriffen und bleiben unversehrt.

Die Forscher konnten zudem feststellen, dass Methadon das Zytostatikum länger in der Krebszelle eingeschlossen lässt, da es die ausschleusende Pumpe inaktiviert. Laut Studien konnte der Erfolg einer Chemotherapie um 90 Prozent gesteigert werden. Würde demnach Methadon als Booster des Krebsmedikamentes eingesetzt, wäre eine geringere Dosis des Zytostatikums nötig. Patienten würden weniger Nebenwirkungen erfahren.

Methadon wird in der Tumortherapie zur Schmerzbehandlung um den Faktor zehn geringer dosiert als in der Substitutionstherapie, daher sind die Nebenwirkungen gering. Ein entsprechendes Fertigarzneimittel gibt es in Deutschland nicht. Apotheken stellen die einprozentige Lösung selbst her. Das preisgünstige Präparat kann im Off-Label-Use außerhalb der zugelassenen Indikationen eingesetzt werden.

„Wir wollen Methadon als Unterstützer und Verstärker der konventionellen Chemotherapie in den klinischen Alltag einbringen. Methadon erhöht den Therapieerfolg signifikant, überwindet Resistenzen und greift gesunde Zellen nicht an“, so Friesen.

Methadon ist ein ein vollsynthetisch hergestelltes Opioid. Der Heroinersatzstoff ist ein Agonist am gamma-Opioidrezeptor und bindet dosisabhängig an den HERG-Kanal, einen spannungsaktivierten, einwärts gerichteten Kaliumkanal.