Leichtere Aufnahme, bessere Wirkung

Paracetamol 2.0: Neues Derivat patentiert Cynthia Möthrath, 15.02.2021 07:42 Uhr

Ein neues Paracetamol-Derivat könnte verbesserte Eigenschaften mit sich bringen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Der Wirkstoff Paracetamol gehört zu den beliebtesten Schmerzmitteln in der Apotheke. Schon bald könnte der Klassiker in einer verbesserten Formulierung auf den Markt kommen: Einem Unternehmen aus München ist die Synthese eines Paracetamol-Derivates gelungen. Die Substanz wurde bereits als Patent angemeldet.

Die neue, verbesserte Formulierung des Analgetikums soll zahlreiche mögliche Vorteile in Bezug auf die Freisetzung und die Verträglichkeit mit sich bringen. Eigentlich beschäftigt sich das als Spin-Off der Technischen Universität München gegründete Unternehmen „4Gene“ mit Duft- und Aromastoffen, welche in einen glykosylierten Grundstoff für die Kosmetik- und Parfümindustrie umgewandelt werden.

Geplante Freisetzung, bessere Verträglichkeit

Durch die spezielle Technologie können viele Aromastoffe so aufbereitet werden, dass eine programmierte Freisetzung möglich ist: Die Moleküle werden so eingebunden, dass durch Temperatur oder Enzyme eine geplante Freisetzung über eine bestimmbare Zeitkurve erfolgt. „Nachdem die Technologie entwickelt war, wurde klar, dass nicht nur das perfekte Deodorant oder ein noch am Körper frisch duftendes Wäschestück möglich sind. Auch die Pharmaindustrie und vor allem die Patienten würden von dieser Methode profitieren", erklärt Heimo Adamski, Geschäftsführer von 4Gene.

Der erste Arzneistoff, der nun weiterentwickelt wurde, ist Paracetamol. „Wir haben diesen Wirkstoff, den es seit mehr als 100 Jahren gibt, über unseren ursprünglich für Aromen entwickelten Prozess glykosyliert. Dabei wird das Wirkstoffmolekül völlig neu verpackt.“ Dadurch könnte es vom Körper leichter aufgenommen werden und seine Wirkung zeitlich kontrollierter entfalten.

Durch mikrobielle oder menschliche Glukosidasen könnte die Freisetzung im Köper stattfinden – sowohl über den Speichel bei Einnahme der Wirkstoffe wie auch später im Darm. „Der Wirkstoff sollte über einen Zeitraum agieren. Dieses Prinzip könnte sich positiv auf die therapeutische Breite auswirken und diese günstig beeinflussen“, so Adamski.

Der Wirkstoff selbst könne in seiner neuen Form durch die Pharmaindustrie problemlos innerhalb der bestehenden Prozesse verarbeitet werden. Medikamente, die bereits lange auf dem Markt sind, könnten so „ein zweites Leben erhalten und auch für den Hersteller noch einmal umsatztreibend sein“. Grundsätzlich sei der Vorgang mit vielen bekannten Wirkstoffen möglich. Deshalb arbeitet das Unternehmen bereits an weiteren Wirkstoffen, die in der neuen Darreichungsform „einen zweiten Frühling erleben können“ – inklusive der Möglichkeit, frische Patente auf bekannte Wirkstoffe anmelden zu können.

Risiken von Paracetamol

Paracetamol ist auch aufgrund seiner lebertoxischen Wirkungen bekannt: Die Abgabemengen sind in Deutschland daher klar geregelt. Vertreten sind vor allem Stärken mit 500 mg pro Tablette. Erst vor einigen Monaten konnten Untersuchungen zeigen, dass es bei höheren Dosierungen häufig zu Vergiftungen mit dem Wirkstoff kommt. Wird es überdosiert, kann es schnell zu Leberschäden kommen – diese können schlimmstenfalls irreversibel sein und Folgeschäden nach sich ziehen. So ist der Wirkstoff beispielsweise eine der häufigsten Ursachen für ein Leberversagen, welches eine Lebertransplantation notwendig macht.