Plastikmüll

„Tütle“ statt Rabattschlacht Maria Hendrischke, 12.01.2016 14:03 Uhr

Berlin - 

Lucia Wandt, Inhaberin der Markt- und der Wiedenau-Apotheke im nordrhein-westfälischen Bergneustadt, hat einen guten Vorsatz für 2016 gefasst: Sie hat Plastiktüten aus ihren Apotheken verbannt. Sie bittet Kunden, mit Rucksack, Einkaufskorb oder Jutebeutel zu kommen. Sollten sie die eigene Tüte vergessen, gibt Wandt ihnen das „Tütle“ mit.

Schon seit längerer Zeit hatte die Apothekerin etwas für die Umwelt tun wollen. Auch ihre Mitarbeiterinnen seien sehr umweltbewusst. „Uns hat geärgert, dass die Kunden selbst für Kleinigkeiten eine Tüte haben wollten“, sagt Wandt. Sie hat daher ein „Tüten-Team“ zusammengestellt, das nach Alternativen zur Plastiktüte recherchiert hat und so auf das Tütle gestoßen ist.Detail

Das Tütle wird vom Dienstleister Apomore aus dem schwäbischen Dettenhausen komplett aus Altpapier hergestellt. Eine spezielle Beschichtung mit Harz macht die braune Tüte auch bei Regen reißfest; damit steht sie einem Plastikbeutel in nichts nach. Doch das Tütle muss am Ende seiner Lebensdauer nicht verbrannt werden, denn es ist vollständig kompostierbar. Daher können Kunden es auch als Biomüllbeutel nutzen.

Schon im Dezember hat Wandt ihren Kunden mit Flyern in der Apotheken-Umschau angekündigt, dass ihre Apotheken mit Jahresbeginn auf Plastiktüten verzichten. In diesem Monat greift zudem die Schaufensterdekoration das Thema Plastikmüll und Meeresverschmutzung auf. Wandt bittet die Kunden, mit eigenen Beuteln und Taschen in die Apotheke zu kommen. „Das ist unser eigentliches Ziel. Daher gibt es bei uns die Baumsparkarte“, erklärt Wandt.

Jedes Mal, wenn der Kunde eine eigene Tüte – oder ein wiederverwendetes Tütle – zum Einkauf dabei hat, erhält er einen Stempel. Für zehn Stempel spendet die Inhaberin einen Euro, von dem die Organisation „Plant for the Planet“ eine Baumpflanzung finanziert. Die Aktion stößt bei den Kunden auf Anklang: Eine Kundin habe schon in der ersten Woche drei Stempel gesammelt, sagt Wandt.

Sollte ein Kunde die eigene Tasche vergessen haben, bekommt er ein Tütle. „Aber wir bieten die Tütle nicht von uns aus an, sondern geben sie nur auf Nachfrage heraus“, so Wandt. Ab März soll die Papiertüte 20 Cent kosten. Die Verkaufseinnahmen will die Apothekerin der Biologischen Station Oberberg spenden. „Wir wollen nicht bei der Rabattschlacht mitmachen, sondern im Namen unserer Kunden etwas für die Umwelt tun“, erklärt Wandt ihr Engagement.

Wandt ist mit ihrer Initiative dem Gesetzgeber voraus: Eine EU-Richtlinie will erreichen, dass jeder Bürger ab 2020 pro Jahr nur noch maximal 90 Plastiktüten verbrauchen; ab 2026 nur noch 40. Diese Richtlinie muss in Deutschland bis November 2016 rechtlich umgesetzt werden. Schon ab April sollen Kunden jede Kunststofftüte bezahlen müssen.