Forschung

Heiliges Wissen: Heilpflanzen in der Bibel Deniz Cicek-Görkem, 19.12.2018 09:11 Uhr

Berlin - 

Das auflagenstärkste Buch aller Zeiten erzählt nicht nur von Gottes- und Nächstenliebe und berichtet von Propheten, Königen sowie Sklaven. Die Bibel gibt auch Einblick in die Welt der Heilpflanzen, die zur damaligen Zeit eingesetzt wurden. Einige von ihnen finden sich derzeit sogar in der Arzneimittelforschung wieder.

Die Verwendung von Heilpflanzen hat eine lange Tradition. In der Bibel gibt es zahlreiche Berichte darüber, wie die Menschen zur damaligen Zeit diese Pflanzen konsumiert und verwertet haben. Auf diesem uralten Wissen gründete in den späteren Jahren die „Klostermedizin”. Auch Wissenschaftler setzen sich mit diesen Inhalten auseinander, so wie beispielsweise die „Forschergruppe Klostermedizin“ des Instituts für Geschichte der Medizin an der Universität Würzburg. Ziel dieses interdisziplinären Projektes ist es, das historische Wissen über Heilpflanzen zu erforschen, zu bewahren und, soweit sinnvoll, nutzbar zu machen.

Viele der Pflanzen haben heute bereits einen festen Platz in der Naturheilkunde. Einige haben es aber auch in den Fokus der Arzneimittelforschung geschafft, ein prominentes Beispiel ist Weihrauch. Anfang des Jahres konnten Wissenschaftler zeigen, dass Weichkapseln mit standardisiertem Weihrauchextrakt die entzündliche Krankheitsaktivität der schubförmigen Multiplen Sklerose (MS) signifikant senken können. In der Heiligen Schrift wird der Strauch in Ex 30,34-35 und Mt 2,11 erwähnt.

Weiterhin wird im Alten Testament die Geschichte von Jona erzählt. Er soll von Gott einen Rizinusstrauch bekommen und sich darüber sehr gefreut haben (Jona 4,6-7). Das Öl der Pflanze diente in früheren Zeiten als Heilmittel. Aus dem Apothekenalltag ist das Öl des Wunderbaums (Ricinus communis) auch bekannt; es wird häufig von jungen Frauen nachgefragt. Auch wenn es heute bessere Alternativen gibt, wird es unter anderem als Abführmittel und zur Geburtseinleitung eingesetzt.

Das Öl hat aber auch in der Kosmetik einen festen Platz. Aufgrund der pflegenden Eigenschaften wird es beispielsweise verwendet, um Wimpern einen Schwung zu geben. Bei diesem Anwendungsgebiet ist insbesondere kaltgepresstes Rizinusöl zu empfehlen, da bei der Gewinnung nur geringe Temperaturen auf die Samen einwirken, so dass viele wirksamen Inhaltsstoffe erhalten bleiben.

Eine weitere Heilpflanze, die in der Bibel erwähnt wird, ist Schwarzkümmel (Jes 28,27). Das von Nigella damascena gewonnene Öl wird heute vor allem in der Alternativmedizin eingesetzt. Verwendung findet es in der unterstützenden Behandlung unter anderem von Allergien, Neurodermitis, Psoriasis und Asthma. Aus Studien ist bekannt, dass das ätherische Öl gegen grampositive Bakterien wirksam ist. Butanolische Extrakte waren in antimikrobiellen Test gegen Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus wirksam.

Eine zentrale Rolle im christlichen Glauben spielt zweifelsohne der Balsambaum (Commiphora abyssinica, Commiphora myrrha/Ps 45,9, Mt 2,11). Das Harz (= Myrrhe) ist Bestandteil von „heiligen Ölen“ und dient zur Einbalsamierung der Toten. Myrrhentinktur ist aber auch im HV ein Thema. Sie wird in der Selbstmedikation unter anderem bei Entzündungen im Mundraum eingesetzt. Die Wirkstoffe haben desinfizierende, adstringierende und blutstillende Eigenschaften. Wissenschaftler der Berliner Charité haben außerdem gezeigt, dass Myrrhe die Darmbarriere stabilisiert und sie vor schädlichen Einflüssen schützt.

Ebenfalls werden Minze (Lk 11,42) und Knoblauch (Num 11,5-6) erwähnt. Beide Pflanzen finden sowohl in der Küche als auch in der Pharmazie Anwendung. Pfefferminze beispielsweise wirkt galletreibend und krampflösend und wird daher bei Beschwerden im Magen-Darm-Bereich eingesetzt. Knoblauch erweitert die Blutgefäße und wirkt deshalb blutdrucksenkend. Der Deutschen Hochdruckliga zufolge lässt die Knolle den oberen Blutdruckwert durchschnittlich um 8 mm Hg sinken, den unteren um 5 mm Hg. Eine wirkliche Alternative zu Arzneimitteln wird Knoblauch allerdings nicht betrachtet.

Eine weitere Pflanze, die im Alltagsleben der Menschen in biblischer Zeit eine bedeutende Rolle spielte, war der Olivenbaum. Traditionell werden die Ölbaumblätter unter anderem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt. Am Herzzentrum in Leipzig waren die Wirkungen der Blätter sogar Forschungsthema. An isolierten Zellen beobachteten die Wissenschaftler, dass der Extrakt die L-Typ-Calciumkanal direkt und reversibel hemmt und damit blutdrucksenkend wirkt.

Sicherlich haben die in der Bibel erwähnten Pflanzen auch einen gewissen Symbolcharakter. Dennoch gibt es weltweit mehrere Arbeitsgruppen, die sich der Forschung gewidmet haben, darunter auch Professor Dr. Lytton John Musselman vom Institut für Biologische Wissenschaften von der Old Dominion University in Virginia. Aber auch unter Pharmazeutischen Biologen hierzulande sind die Bibelpflanzen ein Thema.