Neuausrichtung in Frankreich

Weleda: Arzneimittelgeschäft auf der Kippe Carolin Ciulli, 04.07.2022 15:09 Uhr

Sorgenkind Arzneimittel: Während sich die Sparte in Deutschland besser entwickelt, steht in Frankreich das komplette Arzneimittelgeschäft von Weleda in Frage.
Berlin - 

Weleda hat Probleme mit dem Arzneimittelgeschäft in Frankreich. Der schweizerische Hersteller geht davon aus, die Produktion dort komplett einstellen zu müssen. In drei Monaten soll die Entscheidung fallen. Betroffen wären 127 Stellen – die Herstellung soll im Ernstfall nach Deutschland verlagert werden.

Seit vier Jahren gehen die Umsätze mit Arzneimitteln in Frankreich zurück – insgesamt fehlen dem Konzern 70 Prozent der Verkaufserlöse. Hauptgrund sei, dass die Erstattungsfähigkeit für Homöopathika von der Regierung gestrichen worden sei, sagt ein Unternehmenssprecher. Rechtlich fielen darunter auch die anthroposophischen Arzneimittel. Das Verordnungsverhalten der Mediziner:innen und das Konsumverhalten der Verbraucher:innen habe sich dadurch verändert.

Schließung als schlimmstes Szenario

Weleda will das bisherige Geschäftsmodell grundlegend überarbeiten. Am Standort im elsässischen Huningue wurde heute ein Projekt zur Reorganisation des Pharmageschäfts vorgestellt. Im schlimmsten Szenario würde es die Schließung der kompletten Produktion bedeuten. Die industrielle Arzneimittelproduktion in Europa würde Weleda dann, soweit möglich und sinnvoll, am Standort Deutschland konzentrieren.

Mit dem Projekt will das Unternehmen das Sortiment optimieren und das Geschäft stärken. „Mit einem an die Rahmenbedingungen angepassten Sortiment soll die eigene Marktposition in Frankreich und in Europa gestärkt werden.“ In drei Monaten soll die Entscheidung fallen. Hierzulande und in der Schweiz sei das Arzneimittelgeschäft in der Pandemie wegen der ausgefallenen Erkältungssaison ebenfalls angespannt gewesen, so der Sprecher. „Dieses Jahr entwickelt sich das Geschäft ganz gut“, so der Sprecher. Zu den Topprodukten im Pharmageschäft gehören Euphrasia D3 Augentropfen und Combudoron Gel. „Bei den Arzneimitteln hängt es stärker von der Jahreszeit ab, zum Beispiel sind Erkältungsprodukte stärker im Winter nachgefragt, Allergieprodukte eher im Frühjahr.“

Sorgenkind Arzneimittelsparte

Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Weleda einen Gesamtumstz von rund 425 Millionen Euro und lag damit ungefähr auf Vorjahresniveau (424 Millionen Euro). Während der Gesamtumsatz der Naturkosmetik im Vergleich zum Vorjahr um rund 3 Prozent zulegte, verringerte sich der Arzneimittelumsatz um 10 Prozent. Das Betriebsergebnis 2021 lag mit 13 Millionen Euro unter dem Vorjahr (22 Millionen Euro). Dies lag hauptsächlich an Investitionen in den Markt, höheren Abschreibungen durch Modernisierung und Ausbau der Produktionsanlagen sowie Herausforderungen in der Arzneimittelsparte.

Zu den wichtigsten Projekten für die nächsten Jahre zählen laut Unternehmensangaben die Erneuerung der Infrastruktur unter anderem mit einem neuen Logistikcampus in Deutschland am Standort Schwäbisch Gmünd sowie der Modernisierung und dem Ausbau der Produktionsanlagen am Schweizer Standort.