Einkaufskonditionen

Großhandel: Die Kürzungswelle kommt Lothar Klein, 10.07.2017 10:33 Uhr aktualisiert am 10.07.2017 15:22 Uhr

Berlin - 

Am Donnerstag verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) über die Einkaufskonditionen der Apotheken. Dürfen neben Rabatten auch Skonti gewährt werden oder bezeichnen die Begriffe nur denselben Sachverhalt? Und wenn Skonti rechtens sind, in welchem Umfang dürfen Großhändler sie einräumen? Viele Apotheker blicken mit Sorge nach Karlsruhe – für sie sind Einkaufsvorteile ein wichtiger Bestandteil des Jahresgewinns. In der Branche kursieren bereits Gerüchte über erneute Konditionenkürzungen.

In Apothekerkreisen kursiert das anonyme Schreiben eines Großhändlers. Darin wird Bezug genommen auf den Skonto-Prozess vor dem BGH: „Wie wir aus gut unterrichteten Kreisen aus dem direkten Umfeld des Gerichts erfahren haben, wird das Gericht entscheiden, dass Skonto in den 3,15 Prozent auf den Herstellerabgabepreis inkludiert sind“, heißt es da. Dies führe dazu, dass mit der Urteilsverkündung zum nächsten Monatsabschluss kein Skonto mehr gewährt werden könne. Dazu sei man „leider gezwungen“.

Natürlich ist die Behauptung, das Urteil bereits zu kennen, mehr als gewagt. Zuletzt meinte die Bild-Zeitung im Mai 2009 bereits zu wissen, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Fremdbesitzverbot kippen würde. Doch so unseriös – und womöglich gefälscht – solche Prognosen sind: Sie erinnern daran, dass es nach dem Richterspruch schnell ernst werden kann. Den meisten Apothekern ist die Schockstarre der ABDA nach dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni im vergangenen Herbst noch in Erinnerung.

Ein Apotheker berichtet außerdem, dass er bereits Besuch seiner Großhändler Sanacorp und Alliance Healthcare Deutschland (AHD) erhalten habe. Die Gespräche mit beiden Gebietsleitern hätten „alles bisher Erlebte“ übertroffen. Seine bisherigen Konditionen seien zu hoch und der Gesetzgeber sehe das genauso, sei ihm mitgeteilt worden. Er solle sich darauf einstellen, dass sein Skonto ab 1. August nicht mehr gestattet sei und somit wegfalle.

Um die Kürzung abzumildern, sei ihm von der Sanacorp angeboten worden, noch schnell einen Vertrag für „Meine Apotheke“ (MEA) abzuschließen. So bleibe ihm wenigstens die Gebühr erspart. Der Mitarbeiter von AHD habe ihm eine Sonderzahlung von 10.000 Euro versprochen, wenn er seinen kompletten Einkauf an eine bestimmte Niederlassung vergebe.

Beide Großhändler dementieren ein solches Vorgehen energisch. AHD habe zu keinem Zeitpunkt ein solches Versprechen abgegeben, heißt es aus Frankfurt. Absurd sind die Behauptungen auch aus Sicht der Sanacorp. „Es gibt von Sanacorp keine generelle Konditionenwelle, vor allem nicht mit Bezug zum Skonto-Prozess.“ Auch das Schreiben komme nicht aus Planegg: „Es gibt keinen von der Sanacorp-Geschäftsleitung autorisierten Brief.“ Niemand könne das Urteil des BGH im Skonto-Prozess vorhersagen.

Nicht ausschließen könne man, dass vom Außendienst in Einzelfällen über die Konditionen gesprochen werde. Schließlich sei bekannt, dass Sanacorp das Ziel von 0,8 Prozent Umsatzrendite derzeit verfehle. Laut Management war 2016 erneut ein Anstieg bei den Konditionen erkennbar: „Insbesondere infolge der Wettbewerbssituation in Deutschland musste das Unternehmen im Geschäftsjahr 2016 finanzielle Zugeständnisse machen und entsprechende Rabatte einräumen.“

Ähnliche Gespräche sollen in Süddeutschland bei mindestens drei Apotheken gelaufen sein. Bei anderen Kollegen habe sich der Außendienst bereits angekündigt, heißt es. Branchenkenner sind wenig überrascht über solche Berichte: „So etwas haben wir auch schon gehört“, heißt es.

Sollte der BGH Skonti verbieten, sieht AEP-Geschäftsführer Jens Graefe die Apotheken als Verlierer: „Dann würde es sicherlich sofort Konditionskürzungen geben mit Bezug auf die Rechtsprechung“, sagte Graefe im Juni im Interview mit APOTHEKE ADHOC. Dann wäre die Rabattschlacht beendet: „Wir haben immer vermutet, dass die Klage von einem oder mehreren unserer Wettbewerber initiiert wurde mit dem Ziel, die Rabattschlacht im Markt zu beenden. Der Markt hat sich ja immer noch nicht beruhigt“, so Graefe.

Aus seiner Sicht wären dann nicht nur Skonti verboten. „Dann gäbe es ja auch eine Preisuntergrenze, die auch von den Herstellern nicht unterschritten werden dürfte, nämlich der Herstellerabgabepreis. Und auch die Hersteller geben Skonti an den Großhandel und unterschreiten diese Preisuntergrenze.“ Ein Verbot von Skonti hätte seiner Meinung nach weitreichende Folgen für die gesamte Supply Chain.